Auch auf dem Immobilienmarkt steigen die Preise für Wohnraum stetig an
Rohstoffe in der Region knapp und teuer

Im Brettener Hagebaumarkt liegt Bauholz auf Lager. Marktleiterin Melanie Jankowski musste jedoch die Preise für ihre Kunden anpassen.  | Foto: bea
  • Im Brettener Hagebaumarkt liegt Bauholz auf Lager. Marktleiterin Melanie Jankowski musste jedoch die Preise für ihre Kunden anpassen.
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Bretten/Region (bea/hk) Wohnraum ist knapp, Baugrund teuer und Rohstoffpreise haben Hochkonjunktur. Somit ist für viele Menschen die Verwirklichung ihres Wohntraumes in den eigenen vier Wänden in weite Ferne gerückt. Das bestätigt Kai Fahnster vom gleichnamigen Immobilienbüro in Bretten. In den vergangenen Jahren hat der junge Fachmann für Wohneigentum den deutlichen Preisanstieg bei Immobiliengeschäften in Bretten und der Region miterlebt.

Viele Anfragen, wenig Angebote

"Diesen Trend konnte noch nicht einmal die Coronakrise brechen", sagt er. Derzeit gebe es vielmehr einen sogenannten Verkäufermarkt. Das bedeutet, dass die Nachfrage das Angebot erheblich übersteigt. Bis zu 100 Anfragen kämen für eine Immobilie schnell zusammen, sagt Fahnster. Das hänge jedoch vom jeweiligen Kaufobjekt ab. Bei einigen Häusern seien in Ausnahmefällen auch schon 200 oder mehr Anfragen pro Angebot zusammengekommen. Dennoch habe Corona auch ihm schon einen Strich durch die Rechnung gemacht. So musste ein selbstständiger Immobilienkäufer den Notartermin absagen, da er coronabedingt den Betrieb seiner Firma einstellen musste. Doch für das Haus habe der nächste Käufer schon fast bereitgestanden, sagt Fahnster.

Zuschlag zum Kauf ist das Problem

Während die Nachfrage für den Eigenbedarf bereits hoch sei, stehe dieser die Nachfrage für Häuser als Kapitalanlage nicht nach. Dies steigere den Druck auf den Markt zusätzlich. Die gestiegenen Preise führten wiederum dazu, dass "viele, die sich früher ein Einfamilienhaus hätten leisten können, bei den hohen Preisen heutzutage nicht mehr in der Lage dazu sind." Doch momentan liege das Problem nicht darin sich ein Haus leisten zu können, sondern darin überhaupt einen Zuschlag für ein Haus zu bekommen. Nur in sehr seltenen Fällen käme es vor, dass Kaufinteressenten mehr als den ausgerufenen Hauspreis bezahlten.

Haus soll "in gute Hände" kommen

Im Allgemeinen sei es momentan eine sehr gute Zeit, um eine Immobilie zu verkaufen, doch gebe es viele Verkäufer, die überzogene Vorstellungen vom Wert ihrer Immobilie hätten. "Es gibt auch Menschen, denen es wichtig ist, dass das oftmals selbst bewohnte Haus in gute Hände kommt." Zwar sei niemand bereit auf eine wesentliche Geldsumme zu verzichten, dennoch seien Verkäufer bereit den einen oder anderen Euro für die Verwirklichung dieses Wunsches nachzulassen.

Keine Krise auf dem Immobilienmarkt

"Die hohen Preise sind noch immer von einem echten Bedarf an Wohnraum gedeckt." Daher könne man die seit Jahren ansteigende Preisentwicklung noch nicht als Immobilienkrise bezeichnen. Ob sich dieser Trend "irgendwann in Richtung Immobilienblase entwickeln könnte, ist im Moment nicht absehbar", sagt Fahnster. Dafür müsse man den Markt weiterhin kritisch beobachten. Somit scheint die Preisentwicklung beim Immobilienverkauf derzeit noch nicht auf dem Höhepunkt angekommen zu sein.

Durch Exporte entsteht Holzknappheit

Die Preise für Rohstoffe sind ebenfalls noch nicht auf dem Maximum angekommen, sagt Markus Vierling, Geschäftsführer der Südbau in Bretten. Seine Hoffnung sei, dass dieser Trend lediglich bis zum Jahresende anhalte und danach eine Konsolidierung eintrete. Denn bislang habe sich das Bauholz um das Drei- bis Vierfache verteuert. Hintergrund seien die bereits erneut florierenden Wirt-schaftssysteme in China und den USA, in denen bessere Preise bezahlt würden. So würde durch Exporte auch im Holzland Deutschland eine Rohstoffknappheit entstehen und dadurch bedingt wiederum die Preise steigen.

Preissteigerung muss an Kunden weitergegeben werden

Auch die Preise für Anstriche hätten sich "dramatisch erhöht". Zwar gestalte man eine Kalkulation grundsätzlich mit Preissteigerungen, doch "die Preise sind in einer Kürze der Zeit gestiegen, wie wir es noch nicht gesehen haben". Somit würden sich die Bauvorhaben deutlich verteuern. Doch dies beeinflusse nicht die "nach wie vor sehr große Nachfrage nach Wohnraum". Zudem seien die Rahmenbedingungen mit dem historisch niedrigen Zinsstand, der leicht steigenden Inflation und der ungebrochenen Nachfrage nach Mietwohnungen noch gegeben. Derzeit gebe es keine Festpreise, dafür müssten Preissteigerungen an die Endkunden weitergegeben werden. Diese beziffert Vierling mit dem Hinweis, dies sei lediglich eine pauschale Aussage, auf zwischen vier und zehn Prozent, teilweise sogar mehr.

Abwarten in Oberderdingen

Um Preissteigerungen von Bauprojekten weiß auch die Gemeinde Oberderdingen. Bereits in Auftrag gegebene Projekte sollen dort nach aktuellem Stand fortgeführt werden, sagt Heiko De Vito, Amtsleiter des Büro des Bürgermeisters. Bei weiteren, noch nicht begonnenen Projekten müsse vorerst abgewartet und die weitere Preissteigerung im Auge behalten werden. Anschließend würde entschieden, ob die anstehenden Projekte weitergeführt oder verschoben werden müssten.

Preissteigerungen haben sich ausgeglichen

Auch in Neulingen weiß Bürgermeister Michael Schmidt von gestiegenen Preisen im Baubereich zu berichten. Allerdings hätten die kürzlich abgerechneten Projekte keine große Teuerung erfahren. Zwar habe es bei den Arbeiten am Dachstuhl des Kindergartenanbaus in Bauschlott eine Verteuerung der Rohstoffe gegeben, diese konnte jedoch unterm Strich durch glückliche Umstände und eine gute Baubegleitung wieder ausgeglichen werden,so Schmidt. Der geplante Anbau der Gräfin-Rhena-Halle für die Belange des Musikvereins in Bauschlott stehe jedoch momentan noch in Frage. Derzeit liege lediglich eine grobe Kostenschätzung vor, so Schmidt. Welche Preise jedoch bei einer Ausschreibung aufgerufen würen, könne man noch nicht abschätzen. Somit müsse man sich überlegen, ob es vertretbar sei die Umsetzung des Anbaus zeitnahe anzugehen. Von den Kostenexplosionen, die es derzeit teilweise gebe, könne schließlich auch ein Planer überrascht werden.

Lange Wartezeiten für bestellte Wallbox

Ein weiterer möglicher Kostenfaktor seien Holzpellets, die die Gemeinde im Rathaus und der Friedrich-Weinbrenner-Schule zum Heizen nutze. Dank langfristiger Verträge habe man an dieser Stelle jedoch noch keine Kostensteigerung erfahren. "Allerdings haben wir riesige Probleme mit der Wallbox für unser Elektrofahrzeug. Die sollte bereits im Januar kommen, aber wir wurden dann auf August vertröstet." Auch im Bereich Friedhof gebe es bei Betonstelen oder Kantensteinen monatelange Wartezeiten.

Nicht mehr alle Waren auf Lager

Selbst im Baumarkt werden Rohstoffe wie Bauholz für Gartenprojekte teurer. Je nach Holzart sei der Preis bis um das Dreifache gestiegen. "Wir sind davon ausgegangen, dass die Nachfrage für Holz sinkt, doch das ist insbesondere im Bereich Garten nicht eingetroffen", sagt Melanie Jankowski, Marktleiterin im Hagebaumarkt in Bretten. Die Nachfrage nach Zäunen und Gartenhäusern sei nach wie vor stark. Da jedoch aufgrund der Holzknappheit nicht mehr alle Waren auf Lager seien und die Liefermengen "wesentlich geringer" ausfielen, müsste auf andere Ware oder andere Lieferanten ausgewichen werden. Auch Waren, in denen technische Teile verbaut seien, oder die aus Übersee kämen seien knapp und teuer. Deswegen seien beispielweise auch die Verkaufspreise von Gartenmöbeln gestiegen.

Preise haben sich mehr als verdreifacht

Die Verteuerung und Knappheit von Rohstoffen sei in der Stahlbranche immens zu spüren, gerade im Bereich Stahl, Edelstahl und Nicht-Eisen-Metalle, berichtet Melanie Schnepper von der Firma Bickel. Das Unternehmen mit Sitz in Oberderdingen fertigt hochwertige Teile aus Stahl, Edelstahl und Aluminium an. Während sich die Preise des Rohmaterials im vergangenen Jahr auf einem stabilen Niveau bewegten, hätten sich diese im Laufe dieses Jahres mehr als verdreifacht. „Unsere Einkäufe werden dennoch abgeschlossen – es bleibt uns ja nichts Anderes übrig“, sagt sie. Um der Rohstoff-Knappheit entgegen zu wirken, versuche man, in guter Voraussicht den Lagerbestand so gut es geht anzupassen, um jederzeit schnell reagieren zu können. Hier komme dem Betrieb der gute Kontakt mit den Lieferanten zugute: „Unsere Lieferanten geben uns gerne Bescheid, wenn etwas verfügbar ist“, so Schnepper. Aber auch da müsse man schnell zugreifen – trotz höherer Preise – „sonst ist alles wieder weg.“

Unternehmen wurde von Lieferanten vorgewarnt

„Zum Glück“, sagt die Geschäftsleiterin, „können wir bisherige Liefertermine weitestgehend einhalten.“ Man habe aber die Befürchtung, dass Verzögerungen im weiteren Verlauf des Jahres eintreten könnten. Bereits im Dezember letzten Jahres sei das Unternehmen von den Lieferanten „vorgewarnt“ worden. „Die Preise für Rohstoffe unterliegen immer wieder natürlichen Schwankungen, obwohl sie in den letzten Jahre auf einem recht konstanten Niveau waren. Aber an so einen extremen Preisanstieg wie aktuell – daran kann ich mich nicht erinnern“, berichtet sie.

Kunden reagierten verständnisvoll

Schnepper sei froh, dass das Thema mittlerweile auch in den regionalen Medien aufgegriffen wird. „Das Thema Rohstoffmangel sollte nicht im Verborgenen bleiben“, findet sie, gerade auch deshalb, weil es nicht nur die Unternehmen betreffe, sondern auch die Kunden. Die Kunden der Firma Bickel seien bereits im Januar dieses Jahres durch ein Rundschreiben informiert worden. Man habe der Transparenz zuliebe offen dargelegt, dass die Preise als Folge der Rohstoff-Verteuerung überarbeitet werden. „Die Resonanz war gut. Unsere Kunden haben sehr verständnisvoll reagiert“, so Schnepper. Sie freue sich besonders über das einsichtige Feedback der Kunden, denn „für uns ist das Ganze auch mit viel zusätzlicher Arbeit verbunden.“ Man müsse nach jedem Auftragseingang die Teile neu kalkulieren. „Es ist schwierig, aber aktuell noch machbar“, stellt sie fest.

Autor:

Beatrix Drescher aus Bretten

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