„Man muss sich nicht alle Verschmutzung antun“
Stadträte verlassen Sitzungssaal, während AfD-Rat spricht
Bretten (ger) „Ganz aktuell gilt auch für uns hier in Bretten, den Extremisten nicht das Feld zu überlassen mit ihrer ‚Wir-werden-euch-jagen-Rhetorik‘!“ Mit diesen deutlichen Worten nahm Martin Knecht, Sprecher der CDU-Fraktion im Brettener Gemeinderat, Bezug auf eine AfD-Kundgebung, die am Freitag, 17. Mai, in der Melanchthonstadt angekündigt ist. Anlass seiner Aussage war der Antrag der SPD-Fraktion, einen Fonds mit einem Startkapital von 5.000 Euro gegen Rechtsextremismus einzurichten.
Schulen und Vereine bei Aufklärungsarbeit unterstützen
Die SPD hatte vorgeschlagen, insbesondere Schulen, Vereine, Initiativen und das Jugendhaus finanziell zu unterstützen, wenn sie sich „antifaschistisch engagieren und Aufklärungsarbeit betreiben möchten“. Sie sieht darin vor allem eine Notwendigkeit im Hinblick auf das Erstarken der Rechten und bezog sich auch auf die Veröffentlichungen des Recherche-Netzwerks Correctiv über ein Treffen von AfD-Mitgliedern und anderen Rechten in Potsdam, auf dem der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner das Konzept der „Remigration“ vorgestellt hat. Diesen Begriff verwendet die Neue Rechte schon seit Jahren verharmlosend statt der Parole „Ausländer raus“.
Auf Extremismus jeder Art ausweiten
Knecht begrüßte den Antrag der SPD, sprach sich aber dafür aus, ihn auf Extremismus jeder Art auszuweiten. Nichtsdestotrotz fand er klare Worte für die AfD und erinnerte daran, dass die Partei gerade in Gänze als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft wurde. „Es ist unerträglich, Leute, die unsere demokratische Grundordnung abschaffen wollen, auf unserem Marktplatz ertragen zu müssen“, so Knecht.
Ratsmitglieder verlassen Sitzungssaal
Die Erwiderung von AfD-Stadtrat Andreas Laitenberger warteten Knecht und neun weitere Ratsmitglieder nicht lange ab. Sie verließen den Raum, während er sprach, und hörten damit seine größtenteils haltlosen Äußerungen nicht. Laitenberger verwies nicht ohne Stolz auf das Datum des Antrags, der zwei Tage vor dem Auftritt der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel in Bretten lag. Er fragte, wie Rechtsextremismus überhaupt definiert sei, und behauptete, Correctiv habe inzwischen dementieren müssen, dass von Deportation die Rede war. Außerdem seien bei dem Treffen, das eine Buchvorstellung und keineswegs geheim gewesen sei, mehr Mitglieder der CDU und Werteunion gewesen als AfD-Mitglieder.
"Demokratie immer verteidigen"
Die fraktionslose Stadträtin Ariane Maaß hielt, nach eigener Aussage von ihrem Vorredner „entsetzt“, dagegen und plädierte in Anspielung auf die jüngsten Entwicklungen um die AfD-Abgeordneten Maximilian Krah und Petr Bystron dafür, die Demokratie nicht nur von innen, sondern auch von außen gegen chinesische Spione und russische Einflussnahme zu schützen. „Nicht nur an einem Tag, sondern immer sind wir alle aufgefordert, in unserem privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich die Demokratie zu verteidigen“, sagte Maaß in Bezug auf den Vorschlag der Verwaltung, statt eines Fonds, der viel Aufwand verursache, das Geld in diesem Jahr für die „Lange Nacht der Demokratie“ zu verwenden. Diese findet erstmals am 2. Oktober statt auf eine Initiative verschiedener Institutionen wie des Landjugendrings, der Landeszentrale für politische Bildung und des Volkshochschulverbands.
„Man muss sich nicht alle Verschmutzung antun“
Hermann Fülberth von den „aktiven“ rügte die Stadträte, die den Raum verlassen hatten. Man müsse sich für sie „schämen“, es gehöre in einer Demokratie dazu, dass man sich auch die Meinung andersdenkender anhöre. Knecht gab ihm prinzipiell recht, aber: „Man muss sich nicht alle Verschmutzung antun.“
Am Schluss folgten alle Stadträte, auch Laitenberger, bei einer Enthaltung dem Vorschlag der Verwaltung, 5.000 Euro für die „Lange Nacht der Demokratie“ zu verwenden und im nächsten Jahr den Antrag nochmals neu formuliert einzubringen.
Autor:Katrin Gerweck aus Bretten |
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