Rat nimmt Status quo bei Hochwasserschutzmaßnahmen zur Kenntnis
„Völlig klar, dass wir noch lange nicht fertig sind“

Der Gemeinderat Bretten wurde in seiner gestrigen Sitzung über den aktuellen Stand der Hochwasserschutzmaßnahmen in Bretten informiert. | Foto: swiz
  • Der Gemeinderat Bretten wurde in seiner gestrigen Sitzung über den aktuellen Stand der Hochwasserschutzmaßnahmen in Bretten informiert.
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Bretten (hk) Die Hochwasser- und Starkregenereignisse der vergangenen Jahre haben sich tief ins Bewusstsein der Brettener Bevölkerung verankert. Vor allem in den Jahren 2013, 2015 und 2016 kam es im Einzugsbereich des Saalbach zu massiven Überflutungen mit erheblichen Schäden. Auch wenn es nur langsam vorangehe, bedingt durch wasserrechtliche Genehmigungen, hydrologische Berechnungen und durch den Grunderwerb von Privatgelände, könne Oberbürgermeister Martin Wolff dennoch mit Stolz verkünden, dass man im Vergleich zu den Nachbarkommunen bei der Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen sehr weit vorangeschritten sei.

Bisher acht von 29 Maßnahmen umgesetzt

In der jüngsten Sitzung des Gemeinderats hatte Bauingenieur und Bauamt-Mitarbeiter Fabian Dickemann die Aufgabe, den Rat über den aktuellen Sachstand zu den einzelnen Hochwasserschutzmaßnahmen in der Kernstadt und den Ortsteilen in Kenntnis zu setzen. Aus dem millionenschweren Hochwasserschutz-Konzept wurden im Zeitraum von 2015 bis 2020 bisher acht von 29 Hochwasserschutzmaßnahmen umgesetzt, davon vier in Gölshausen. Im Bereich des Unternehmens Förster Fleischgroßhandel wurde 2015 eine Hochwasserschutz-Mauer im Auslaufbereich des dort bestehenden Rückhaltebeckens erstellt. Ebenso in Gölshausen im Bereich der Oberdorfstraße in Richtung Grillhütte wurde 2019 die Leistungsfähigkeit der bestehenden Verdolungseinläufe erhöht. „Somit wurde das Schutzniveau für angrenzende Bebauungen angehoben“, erklärte Dickemann.

Maßnahme in Lortzingstraße gecancelt

Letztes Jahr wurde zudem im Bereich Kupferhälde eine 140 Meter lange geschlossene Schutzlinie erstellt. „In dem Fall handelt es sich dabei nicht nur um eine Hochwasserschutzmauer“, so Dickemann. Teil dieser Schutzlinie seien zum Beispiel bestehende Garagen, die mit einem Sperrputz versehen worden sind. Auf Grundlage neuer Vermessungsdaten wurde die im Bereich der Lortzingstraße vorgesehene Maßnahme nicht durchgeführt. In der Kernstadt wurde 2016 die Lücke zwischen Jugendmusikschule und Brücke mit einer Hochwasserschutzmauer geschlossen. Im Bereich des Sportplatzes in Rinklingen wurde ebenso vor vier Jahren ein Erdwall umgesetzt, der angrenzende Bebauungen schützen soll.

In Ruit im Bereich Oberes Tal wurde letzte Woche die bestehende Flügelmauer erhöht. Ein Treibholzfang soll angeschwemmtes Totholz fernhalten. Im Bereich Munzengasse in Neibsheim wurde eine Lücke im Zuge eines privaten Bauverfahrens mit einer Hochwasserschutzmauer geschlossen. Derzeit im Bau ist im Bereich Weißhofer Grund die Maßnahme „Gölshausen 6“, die kurz vor der Fertigstellung stehe. Dort wurde der bestehende Einlauf der Verdolung umgebaut beziehungsweise optimiert, weil das Wasser nicht mehr in die Verdolung geflossen, sondern über den Weißhofer Grund abgeflossen ist. Auch an dieser Stelle wurde eine geschlossene Hochwasserschutzmauer zum Schutz der angrenzenden Bebauung erstellt.

Aufweitung und Renaturierung des Saalbachs

Vor kurzem sei die Ausschreibung für die größte Hochwasserschutzmaßnahme veröffentlicht worden, nämlich jene im Bereich der Brückenfeldstraße bis zum Ortsausgang Diedelsheim. Der geplante Baubeginn ist im Herbst 2020. „Dabei handelt es sich um eine sehr vielseitige Maßnahme, da sie sehr viel Know-how in den unterschiedlichsten Bereichen verlangt“, sagte Dickemann. Zu den Zielen der Maßnahme gehören unter anderem die Erstellung einer Hochwasserschutzmauer und die Aufweitung und Renaturierung des Saalbachs. Für die Maßnahme Gölshausen 8 im kommenden Jahr werde derzeit die Ausschreibung vorbereitet. Auch der Antrag auf Förderung sei schon gestellt worden. Im Bereich des Spielplatzes in der Kupferhälde ist eine geschlossene Hochwasserschutzmauer und der Neubau des bestehendes Rechens an der Brücke „Am Schneckenberg“ vorgesehen. Der Beginn des Baus soll im Jahr 2021 erfolgen. Hinsichtlich der Maßnahme „Bretten 4a“ werde derzeit das Wasserrecht beantragt. Dort ist im nächsten Jahr im Bereich Weißach zwischen Ölmühle und Hildastraße die Erhöhung des Ufers geplant, um angrenzende Objekte zu schützen.

Verdolung in Diedelsheim nicht leistungsfähig genug

Im Genehmigungsverfahren sei auch die Maßnahme „Bretten 1“ (geplanter Baubeginn 2021/2022), die das Betriebsgelände der Firma Neff betrifft. Dort soll ein Erdwall erstellt werden, um eine Ausbordung – wie etwa im Jahr 2013, als der Kreisverkehr am Kraichgau-Center überflutet wurde – zu verhindern. Im Industriegebiet Gölshausen soll in den kommenden zwei Jahren das Volumen des bestehenden Rückhaltebeckens vergrößert werden. Hinsichtlich der Erstellung eines Hochwasserrückhaltebeckens im Bereich Riedgraben in Diedelsheim befinde man sich derzeit in der Grunderwerbsphase, informierte Dickemann. Untersuchungen hätten ergeben, dass die teils unterirdische Verdolung, die „einmal quer durch Diedelsheim führt“, nicht leistungsfähig genug sei. Der Startschuss für diese Maßnahme ist im Zeitrahmen 2022 bis 2023 geplant. In der Vorplanung seien die Maßnahmen im Bereich Industriegebiet Gölshausen „Steinäcker“ (Vergrößerung des Beckenvolumens), im Bereich Withumanlage (Erhöhung der bestehenden Uferlinie) sowie im Bereich Saarstraße (Aufweitung und Renaturierung der Weißach).

„Sind auf einem guten Weg“

Nach Abschluss des Vortrags von Dickemann, brachte Aaron Treut (CDU) seine Zufriedenheit über den aktuellen Stand zum Ausdruck: „Vor kurzem war ich abends auf einem Termin. Ich bin mit einem recht guten Gefühl aus Ruit gefahren, trotz Unwetterstimmung.“ Er habe keine Bedenken darüber gehabt, dass bei seiner Rückkehr weder Hof noch Keller vollgelaufen sein könnten. „Wir von der CDU finden, dass wir auf einem guten Weg sind“, sagte Treut. Bürgermeister Michael Nöltner stellte klar, dass das Ingenieurbüro Wald+Corbe, das im Auftrag der Stadt Bretten das Gesamtkonzept entwickelt hat, den Maßnahmen eine Leistungsfähigkeit von „HQ100+Klima“ zugrunde gelegt hat. Das heißt, die Maßnahmen sollen vor einem 100-jährlichen Unwetterereignis plus Sicherheitsaufschlag für den Klimawandel schützen. Ziel sei es, mit den Nachbarkommunen gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten.

Maßnahmen im Einklang mit Gartenschau-Planungen

„Es ist völlig klar, dass wir noch lange nicht fertig sind. Aber wir sind auf einem guten Weg. Und ich bin auch schon ein bisschen beruhigter als noch vor zwei Jahren“, so Nöltner. Die größte Maßnahme, nämlich die in Diedelsheim, soll mit dem Baggerbiss noch vor der Sommerpause ins Rollen gebracht werden. Fabian Nowak (Bündnis90/Die Grünen) fragte, ob die vorgestellten Maßnahmen im Einklang mit der Gartenschau-Bewerbung sind und ob Maßnahmen gegebenenfalls rückgängig gemacht werden müssen. Zudem wies er darauf hin, dass zwar mit den Maßnahmen die Wassermengen beherrscht, die Ursachen hingegen nicht behoben werden. Oberbürgermeister Wolff stellte klar, dass Hochwasserschutzmaßnahmen nicht rückgebaut werden. „Wir werden im Rahmen der Gartenschau sogar noch einzelne Retentionsflächen zusätzlich schaffen. Da werden also Ideen einfließen, die dem Hochwasserschutz dienen“, erläuterte Wolff.

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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