Initiative sucht Stammzellenspender
„Wir sind in Gedanken ständig bei Pia“

Lars Vollmer (rechts), Evelyn Blomenkemper und Thorsten Bendrich haben die Initiative "Gemeinsam für Pia" ins Leben gerufen. Foto: swiz
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  • Lars Vollmer (rechts), Evelyn Blomenkemper und Thorsten Bendrich haben die Initiative "Gemeinsam für Pia" ins Leben gerufen. Foto: swiz
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Bretten (hk) Was für andere Kinder selbstverständlich ist, würde für Pia das größte Glück bedeuten: mit Freunden spielen, in den Ferien auf einen Pferdehof fahren und dort die Pferde beobachten. Doch für das neunjährige Mädchen aus Bretten ist der Alltag im Moment alles andere als normal. Nach einem schlimmen Verdacht kam die erschütternde Diagnose – Pia hat eine schwere aplastische Anämie. Nur eine Stammzellenspende kann ihr Leben womöglich retten. Freunde, Bekannte und andere Unterstützer von Pias Familie riefen daraufhin gemeinsam mit der DKMS die Initiative "Gemeinsam für Pia" ins Leben. Mit vereinten Kräften wollen sie den "genetischen Zwilling", also einen passenden Stammzellenspender für sie finden. Die Beteiligten der Initiative bitten: „Lasst euch registrieren. Vielleicht seid ihr die Rettung für Pia oder andere.“ Darüber hinaus will die Gruppe um die Familien Vollmer, Blomenkemper, Bendrich und Haas darauf aufmerksam machen, dass "Stammzellspender, die bereits irgendwann und irgendwo registriert wurden, ihre Daten aktualisieren sollten, damit sie gefunden werden können", betont Lars Vollmer.

Erinnerung an MGB-Typisierungsaktion im Jahr 1998

Angestoßen wurde dieses Anliegen der Initiative von Thorsten Bendrich, der 1998 selbst an einer Typisierungsaktion am Melanchthon-Gymnasium Bretten (MGB) teilgenommen hat. "Vor etwa einem Jahr rief mein Arbeitgeber dazu auf, sich für die Stammzellenspende registrieren zu lassen. Da dachte ich mir, dass ich zwar schon registriert bin, aber die Gelegenheit nutzen könnte, um meine Daten upzudaten", erklärt er. Da er davon ausging, dass er bei der DKMS registriert ist, wandte sich Bendrich dorthin. Dann kam der große Schock: Bei der DKMS waren keine Daten unter seinem Namen hinterlegt. "Erst da wurde mir klar, dass es neben der DKMS insgesamt etwa 30 Einrichtungen für Stammzellenspenden in Deutschland gibt", sagt Bendrich. Also richtete er seine Anfrage an das Zentrale Knochenmarkspender-Register Deutschland (ZKRD), das als "Knotenpunkt das Zusammenwirken aller Beteiligten von der Suche nach geeigneten Spendern bis hin zum Transport der gespendeten Zellen koordiniert." Mit rund neun Millionen nationalen und insgesamt rund 40 Millionen internationalen registrierten Blutstammzellspenden ist das ZKRD nach eigenen Angaben das größte Spenderregister der Welt.

„Ein Leben kann davon abhängen“

Doch auch dort konnte Bendrich nicht geholfen werden, da das ZKRD spenderbezogene Daten nur in pseudonymisierter Form erhält. Deshalb wurde er darum gebeten, "seine" Spenderdatei zu kontaktieren. "So blieb mir eigentlich nur die Möglichkeit, alle Spenderdateien anzufragen", sagt Bendrich. Zunächst aber suchte er im Internet nach Informationen über die Typisierungsaktion von 1998 am MGB – mit Erfolg. "Es hat mich zwar fast vier Stunden gekostet, bis ich einen Flyer von damals entdeckt habe, aber so habe ich herausgefunden, dass blut.eV aus Weingarten die Aktion durchgeführt hat." Letztlich seien Thomas Bendrichs Daten bei der Freiburger Stammzelldatei gelandet, sagt er. "Da kam mir der Gedanke, wie viele Spender aus dieser MGB-Typisierungsaktion in der Zwischenzeit 'verloren' gegangen sein könnten, weil die Daten nicht aktualisiert worden waren." Deshalb appelliert Bendrich insbesondere an die Schüler des damaligen Abi-Jahrgangs, die sich 1998 am MGB für eine Stammzellenspende registriert haben, unter uniklinik-freiburg.de/stammzelldatei/kontaktdaten-aendern.html eventuelle Änderungen ihrer Kontaktdaten mitzuteilen. Die Freiburger Stammzelldatei schreibt hierzu: "Falls Sie für einen erkrankten Menschen als Spender*in in Frage kommen, ist es wichtig, dass wir Sie schnellstmöglich erreichen. Ein Leben kann davon abhängen!" Durch diese "Odyssee", sagt Bendrich, habe er erkannt, wie wichtig es sei, für eine potenzielle Spende auffindbar zu sein.

„Es ist ein schmaler Grat“

Aber zurück zu "Gemeinsam für Pia". "Auch uns hat Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht", sagt Vollmer. Da keine klassischen Veranstaltungen wie Typisierungsaktionen vor Ort möglich sind, seien soziale Medien, Flyer und Plakate derzeit die einzige Möglichkeit, auf die Stammzellregistrierung aufmerksam zu machen. Geplant sei auch eine Aktion mit den Beruflichen Schulen Bretten und den Oberstufenklassen der Brettener Gymnasien. Auch ein Kuchenverkauf auf dem Marktplatz sei denkbar und soll auf Pia aufmerksam machen. "Viele Aktionen erhöhen die Wahrscheinlichkeit, einen Spender zu finden", betont Evelyn Blomenkemper. Gleichzeitig stünden die Initiatoren vor der Herausforderung, die Gefühle der Betroffenen nicht zu verletzen, aber auch die "Community" auf den Social-Media-Kanälen "bei Laune zu halten", damit die Registrierungszahlen weiter gepusht werden. "So tickt die Community leider – das muss man akzeptieren", sagt Vollmer. Nach den Erfahrungen der DKMS, so Vollmer weiter, müsse man auch damit rechnen, dass die "Welle" des Engagements in den sozialen Medien irgendwann abebbe. "Es hat ein Gschmäckle und es ist eine zusätzliche Belastung für die Eltern, wenn ihr erkranktes Kind dabei zu einer Art Medienstar wird", räumt Vollmer ein. Blomenkemper fügt hinzu: "Es ist in der Tat ein schmaler Grat. Wir achten bei allem, was wir tun, darauf, dass es der Familie von Pia dabei gut geht. Es ist uns ein Anliegen, dass wir nicht auf Teufel komm raus etwas tun." Die Zusammenarbeit mit den Eltern sei für die Initiative von grundlegender Bedeutung. "Von daher ist es unser Interesse, in ihrem Sinne zu handeln", betont sie. Schließlich gehe es darum, dass man sich nach allem noch in die Augen sehen und sagen könne: "Das war der richtige Weg", so Blomenkemper.

35 Euro für die Neuaufnahme jedes Spenders

"Wir sind in Gedanken ständig bei Pia und ihrer Familie. Das treibt uns an und wir scheuen keine Mühen", fasst Vollmer zusammen. Die Initiatoren von "Gemeinsam für Pia" rufen eindringlich dazu auf, sich zu registrieren. Jeder, der gesund und zwischen 17 und 55 Jahre alt ist, kann Pia und anderen Patienten helfen, indem er sich die Registrierungsunterlagen über www.dkms.de/gemeinsamfuerpia nach Hause schicken lässt. Mithilfe von drei medizinischen Wattestäbchen und einer ausführlichen Anleitung kann jeder nach Erhalt des Kits selbst einen Wangenschleimhautabstrich machen und diesen dann per Post zurücksenden, damit die Gewebemerkmale im Labor bestimmt werden können. Spender, die sich bereits in der Vergangenheit registriert haben, müssen nicht erneut teilnehmen. Einmal erfasste Daten stehen den Patienten weltweit weiterhin zur Verfügung. Besonders wichtig ist, dass die Wattestäbchen zeitnah nach der Entnahme des Wangenschleimhautabstrichs zurückgeschickt werden. Wegen der Corona-Pandemie würden die eingehenden Proben jedoch zwei Wochen zwischengelagert werden, ergänzt Blomenkemper. Auch Geldspenden helfen, Leben zu retten, denn der DKMS entstehen Kosten in Höhe von 35 Euro für die Neuaufnahme jedes Spenders. Auf das DKMS-Spendenkonto gespendet werden kann unter der IBAN: DE86700400608987000286.

„Viel hilft in diesem Fall viel“

Trotz alledem gibt es einen Wermutstropfen. Laut DKMS, so Vollmer, liege die Wahrscheinlichkeit, dass durch die Aktivitäten ein Spender für Pia gefunden wird, bei unter einem Prozent. "Wir hoffen deshalb auch, dass Spendenaufrufe anderer Betroffener, Pia zugutekommen. Viel hilft in diesem Fall viel", ist sich Vollmer sicher. Weitere Informationen unter www.dkms.de/registrieren, www.dkms.de/aktiv-werden/online-aktionen/gemeinsamfuerpia sowie www.facebook.com/gemeinsamfuerpia. hk

Lars Vollmer (rechts), Evelyn Blomenkemper und Thorsten Bendrich haben die Initiative "Gemeinsam für Pia" ins Leben gerufen. Foto: swiz
Die neunjährige Pia braucht dringend eine Stammzellenspende. Foto: privat
Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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