Dritter Verhandlungstag im Oberderdinger Mordprozess: Suche nach Erkenntnis gestaltet sich schwierig

Auch am dritten Verhandlungstag im Oberderdinger Mordprozess machte der Angeklagte (mit verdecktem Gesicht) keine Aussagen.
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Auch am dritten Verhandlungstag (18. Januar) im Karlsruher Landgericht brachten die Aussagen der vernommenen Zeugen wenig Klarheit darüber, ob ein 24-jähriger Pfleger im "Haus Edelberg" in Oberderdingen einen Brand gelegt hat, bei dem eine 82-jährige Heimbewohnerin später ihren Verletzungen erlag.

Karlsruhe/Oberderdingen (hk) Auch am dritten Verhandlungstag (18. Januar) im Karlsruher Landgericht brachten die Aussagen der vernommenen Zeugen wenig Klarheit darüber, ob ein 24-jähriger Pfleger im "Haus Edelberg" in Oberderdingen einen Brand gelegt hat, bei dem eine 82-jährige Heimbewohnerin später ihren Verletzungen erlag. Die Richter unter Vorsitz von Leonhard Schmidt setzte den Fokus erneut auf die Zeitabläufe vor und während des Feuers. Dazu wurden insgesamt zehn Zeugen vernommen. Eine Zeugin blieb der Verhandlung fern. Eine Entschuldigung für ihr Fehlen lag am Verhandlungstag nicht vor. Der Angeklagte schweigt weiterhin zu den Vorwürfen. Sein Anwalt Bastian Mayer strebt einen Freispruch an.

Dichte Rauchschwaden zogen an Fenstern vorbei

Als erste Zeugin trat eine Pflegehelferin auf, die an jenem Tag gegen 16 Uhr ihre Arbeit aufgenommen hatte. Bereits eine kurze Zeit später sei der Alarm losgegangen. Zu diesem Zeitpunkt habe sie nur vermuten können, dass es brennt. Es hätte auch ein Fehlalarm wie einige Zeit zuvor sein können, berichtete sie. Vorsorglich wurden alle Bewohner des Wohnbereiches drei in den sogenannten "Treff" – eine Art Speisesaal – gebracht. "Als der Alarm losging, hat man draußen auf dem Flur noch nichts gerochen", erinnerte sie sich. Erst als sich alle im "Treff" versammelt hatten, habe man dichte Rauchschwaden an den Fenstern vorbeiziehen gesehen.

Verteidiger Bastian Mayer bleibt beharrlich

Auf die Frage von Leonhard Schmidt, ob sie an jenem Tag etwas Auffälliges gesehen habe, antwortete die Zeugin ohne zu zögern mit einem "Nein". Der Verteidiger Bastian Mayer fragte mehrfach nach. Er wollte zum einen wissen, wer an diesem Tag im besagten Wohnbereich gearbeitet hat. Die Zeugin konnte alle vier Personen namentlich nennen, während sie sich nicht daran erinnern konnte, ob sie eine Beschäftigte eines anderen Wohnbereiches gesehen habe. "Sehe ich es richtig, dass jeder Wohnbereich unter sich bleibt?", fragte der Verteidiger, worauf die Zeugin antwortete: "Ja. Ich kenne nicht alle Mitarbeiter und Bewohner." Daraufhin wollte Verteidiger Bastian Mayer wissen: "Sie können also auch nicht sagen, ob es sich bei einer fremden Person, um einen Angehörigen oder Fremden handelt?" - "Nein", lautete die Antwort.

Zeugen konnten nichts Auffälliges beobachten

Die Suche nach der Wahrheit gestaltete sich auch im weiteren Verlauf der Zeugenvernehmungen als mühselig. Der zweite Zeuge, der erst wenige Tage vor dem Brand angefangen hatte, im Senioren-Zentrum als Altenpflegehelfer zu arbeiten, konnte an jenem Tag keine Auffälligkeiten festmachen, während die dritte Zeugin erst gar nicht zur ihrer Vernehmung erschien. Die vierte Zeugin war zum Zeitpunkt des Brandes nicht vor Ort, deshalb lag das Interesse des Richtergremiums auf dem Donnerstag davor. Die Zeugin schilderte detailliert, wie sie gemeinsam mit dem Angeklagten ein Bett einer Bewohnerin ausgetauscht hatte.

Angeklagter war "sehr brdrückt"

Die Stimmung im Saal begann zu brodeln, als die fünfte Zeugin vernommen wurde. Im Wesentlichen hatte die Altenpflegehelferin, die in jener Woche Nachtdienst hatte, zu den Ereignissen nichts neues beizutragen: Vor Ort angekommen, habe sie ein großes Chaos erlebt. "Dann habe ich mitgeholfen, die Heimbewohner zu versorgen", sagte sie. Als sie später den Angeklagten getroffen habe, sei dieser "sehr bedrückt" gewesen, meinte sie sich zu erinnern. Den Richtern ging es allerdings vor allem um ein Gespräch der Zeugin mit einer weiteren Beschäftigten. Diese habe zu ihr gesagt, der Angeklagte habe ihr gegenüber von Brandstiftung gesprochen, bevor dies offiziell so verkündet worden war.  Nun konnte sich die Zeugin nicht mehr oder sehr ungenau an dieses Gespräch erinnern.

"Er wollte helfen und hat sein Möglichstes getan."

Die siebte Zeugin schilderte detailliert den Eindruck, den sie am Tag des Brandes vom Angeklagten bekommen hatte: Er sei in den Gang gelaufen, wo das Feuer herzukommen schien. "Er wollte helfen und hat sein Möglichstes getan." Später habe sich der Angeklagte Vorwürfe gemacht: "Er war der Meinung, er hätte professioneller reagieren können, da er ja Mitglied bei der Feuerwehr ist", sagte sie. Richter Schmidt hakte daraufhin nach, was der Angeklagte hätte besser machen können, allerdings konnte sich die Zeugin an keine konkrete Aussage erinnern.

Video vom "Feuerteufel von Oberderdingen"

Auch die zehnte Zeugin beschrieb den Angeklagten als "hilfsbereit", er habe immer seine Arbeit erledigt. Aus der Reihe fiel eine Bemerkung der neunten Zeugin. An einem Wochenende vor dem Brand habe ihr der Angeklagte ein Video einer vermummten Figur gezeigt, mit dem Hinweis, dass es sich dabei um den "Feuerteufel von Oberderdingen" handele. "Der Angeklagte fragte mich, ob ich auf dem Video jemanden erkenne, tat ich aber nicht", erzählte die Betreuungskraft. Sie habe sich in dem Moment über die Situation gewundert, da sie mit dem Angeklagten sonst nur auf beruflicher Ebene zu tun habe.

Alkoholisiert oder nicht?

Widersprüchlich waren die Aussagen der Zeuginnen darüber, ob der Angeklagte in der Nacht nach dem Brand, als er wieder in das Senioren-Zentrum zurückkehrte, alkoholisiert war oder nicht.

Die Verhandlung wird am Montag, 28. Januar, fortgesetzt.

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Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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