Erinnerungen an unfassbare Taten: Heimatverein Untergrombach führte über jüdischen Friedhof
Der europäische Tag der jüdischen Kultur fand auch dieses Jahr am ersten September-Sonntag gleichzeitig in rund 30 Ländern statt. Aus diesem Anlass wurden am 2. September 2018 Führungen auf dem Judenfriedhof Obergrombach von Mitgliedern des Heimatvereins Untergrombach angeboten.
BRUCHSAL-OBERGROMBACH (pm) Der europäische Tag der jüdischen Kultur fand auch dieses Jahr am ersten September-Sonntag gleichzeitig in rund 30 Ländern statt. Der Tag will dazu beitragen, das europäische Judentum, seine Geschichte, seine Traditionen und seine Bräuche besser bekannt zu machen. Aus diesem Anlass wurden am 2. September 2018 Führungen auf dem Judenfriedhof Obergrombach von Mitgliedern des Heimatvereins Untergrombach angeboten.
Während der NS-Zeit geschändet
Dieser geschichtsträchtige Friedhof wurde 1632 während des Dreißigjährigen Krieges angelegt. Er wurde während der NS-Zeit geschändet, die Grabsteine wurden größtenteils zerstört und unter anderem als Platten für Hohlwege verwendet. Auf dem Friedhof wurde an vier Stellen über verschiedene Themen erzählt. Die Mitglieder des Heimatvereins teilten sich den Friedhof auf, damit die Besucher möglichst viel erfahren konnten, die Gruppengröße überschaubar blieb und möglichst abwechslungsreich Informationen weitergegeben werden. Und das Konzept ging auf.
Mehr als 400 Besucher
Mehr als 400 Besucher kamen auf den Eichelberg, um sich das Kulturdenkmal anzuschauen. Am Eingang wurden die Besucher von Barbara Lauber begrüßt und mit der Friedhofsordnung vertraut gemacht. Die erste Station erklärte die Bedeutung der Symbole auf den Grabsteinen. Was bedeuten zum Beispiel nach unten geneigte Fackeln, ein Wasserkrug oder verschlungene Hände? Steffen Maisch hatte für alles die richtige Antwort und übergab anschließend die Gruppe an Thomas Adam. Dieser erklärte in seiner unnachahmlich freundlichen Art das Feld und die Stelen, in welchem die Grabsteinfragmente aus dem Gewann Eisenhut angebracht sind. Er führte die Gruppe an dem von Paul Schrag gestalteten Gedenkstein mit der Inschrift: "Nacht und Tag weine ich nie endend" weiter zu dem Platz der ehemaligen Taharahalle. Hier wurden die Gruppen von Dr. Vinga Szabo erwartet.
Anekdoten um die Familie Meerapfel
Eine Säule der ehemaligen, abgebrannten Bruchsaler Synagoge liegt hier, um an das Unrecht, das den Juden in der Reichspogromnacht in Bruchsal angetan wurde, zu erinnern. Gut erhaltene Fragmente der Grabsteine, die 1988 in der Obergrombacher Hohl gefunden wurden, sind an der Wand angebracht und erinnern ebenso an die unfassbaren Taten der Nationalsozialisten. Um die Chronik der Familie Meerapfel zu erzählen, stand Martin Lauber an der letzten Station bereit. Er erklärte die Geschichte der Tabakhandlung M. Meerapfel u. Söhne, die 1876 in Untergrombach gegründet wurde und bis heute erfolgreich in fünfter Generation mit Tabak handelt. Um die Familiengeschichte der Meerapfels ranken sich zahlreiche Anekdoten. So soll Heller Meerapfel, der Großvater der heutigen Firmenchefs, die Manuskripte Ernest Hemingways von Kuba in die Bibliothek der Universität Princeton gebracht haben. Ausgehandelt hatte Heller Meerapfel den Deal mit Ernesto „Che“ Guevara, dem damaligen Industrieminister Kubas.
SWR-Team drehte Film
Nach dieser letzten Station verließen die interessierten Besucher zufrieden und begeistert den Friedhof. Die Mitglieder des Heimatvereins Untergrombach freuten sich auch über den Besuch eines Filmteams des SWR, welches einen Beitrag für die Landesschau drehte. Der Heimatverein Untergrombach würde sich freuen, wenn im kommenden Jahr wieder viele interessierte Besucher auf den Friedhof kommen und sich für die Geschichte des Judenfriedhofs interessieren.
Autor:Chris Heinemann aus Bretten |
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