Faktencheck Dossier


Durch eine Kooperation mit dem Bundesverband kostenloser Wochenzeitungen (BVDA), dem 157 Verlage mit einer wöchentlichen Auflage von 35,3 Mio. Exemplaren angehören, erscheint in den kostenlosen Wochenzeitungen regelmäßig ein Faktencheck des unabhängigen und gemeinnützigen Recherchezentrums CORRECTIV. Die vielfach ausgezeichnete Redaktion deckt systematische Missstände auf und überprüft irreführende Behauptungen. Wie Falschmeldungen unsere Wahrnehmung beeinflussen und wie Sie sich vor gezielten Falschnachrichten schützen können, erfahren Sie unter correctiv.org/faktencheck.

CORRECTIV - FAKTENCHECK DER WOCHE
Das Medikament Paxlovid führt nicht zu mehr positiven Corona-Tests

Foto: correctiv

Berlin (kn) In einem Video online wird angedeutet, die Nebenwirkungen des Medikaments Paxlovid würden „Herdenläufe zu Teststationen“ auslösen, da die Symptome einer Corona-Infektion ähneln. Paxlovid wird aber nur bei einer nachgewiesenen Corona-Infektion verschrieben. Einen Einfluss auf das Testergebnis hat das Medikament nicht.

Auf Telegram und Instagram kursiert ein Video, wonach das Medikament Paxlovid Nebenwirkungen auslöse, die den Symptomen einer Coronavirus-Infektion ähneln. Weiter heißt es: „Je mehr dieses Medikament zu sich nehmen, umso mehr Symptome wird es geben, welche wiederum Herdenläufe zu Teststationen auslösen, woraufhin wieder etliche Falschergebnisse eine neue Welle begründen werden.“

Die Annahmen im Video sind größtenteils falsch. Die Symptome einer Corona-Infektion und die Nebenwirkungen von Paxlovid unterscheiden sich. Die Verschreibung von Paxlovid beeinflusst laut medizinischen Fachleuten die Fallzahlen nicht, denn das Arzneimittel wird nicht vorbeugend, sondern nur zur Behandlung der Krankheit Covid-19 verschrieben. Seine Einnahme beeinflusst auch nicht das Corona-Testergebnis.

Paxlovid ist seit dem 28. Januar 2022 in der EU bedingt zugelassen. Ärzte können das Medikament in Deutschland seit Ende Februar verordnen. Laut Verpackungsbeilage (PDF, S. 2) wird es zur Behandlung von Covid-19 bei Erwachsenen eingesetzt, die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf haben und keinen zusätzlichen Sauerstoff benötigen. Als antivirales Arzneimittel soll Paxlovid „die Vermehrung des Virus in den Zellen und damit auch die Vermehrung des Virus im Körper“ stoppen.

Nebenwirkungen von Paxlovid unterscheiden sich von den häufigsten Symptomen einer Corona-Erkrankung

Zu den bisher gemeldeten häufigsten Nebenwirkungen des Medikaments zählen laut Verpackungsbeilage (PDF, S. 6) ein veränderter Geschmackssinn, Kopfschmerzen, Durchfall und Erbrechen.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Bfarm) teilt uns auf Anfrage mit, dass zwar eine gewisse Überschneidung des Nebenwirkungsprofils von Paxlovid mit den Symptomen einer Corona-Erkrankung bestehe. „Allerdings sind die häufigsten Symptome einer Corona Erkrankung (Husten, Fieber und Schnupfen) keine bekannten Nebenwirkungen von Paxlovid.“ Auch seien die Mehrzahl der „weiteren Symptome“ einer Corona-Infektion keine bekannten Nebenwirkungen des Medikaments.

Paxlovid wird nur bei positivem Corona-Test verschrieben und beeinflusst Fallzahlen nicht

Ab Sekunde 38 heißt es in dem Video, das in Sozialen Netzwerken kursierte, je mehr Menschen Paxlovid einnähmen, desto mehr Symptome werde es geben. Dies werde zu zahlreichen falschen Testergebnissen und einer „inszenierten“ Welle im Herbst führen. Diese Schlussfolgerung ist jedoch falsch. Das Bfarm schreibt in seiner Antwort an uns, dass die Verschreibung von Paxlovid zwingend einen positiven Corona-Nachweis voraussetze. Auf seiner Website gibt das Bundesinstitut an, dass hierzu zunächst ein Schnelltest reiche. Ärztinnen und Ärzte müssen in solchen Fällen jedoch zusätzlich einen PCR-Test veranlassen.

Paxlovid werde nicht vorbeugend eingesetzt, schreibt auch Stefan Kluge. „Das Medikament erhalten Patient:innen, die seit kurzer Zeit symptomatisch und noch nicht schwer erkrankt sind, aber Risikofaktoren für einen schweren Verlauf haben.“ Die Therapie mit Paxlovid müsse in den ersten fünf Tagen nach Einsetzen der Symptome beginnen. Dass ein Testergebnis vorliegen muss, bestätigten uns auch Beate Grüner, Leiterin der Sektion Klinische Infektiologie am Universitätsklinikum Ulm, und die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie.

Eine infizierte Person wird laut Robert-Koch-Institut (RKI) in der Statistik als Fall gezählt, wenn die Infektion durch einen PCR-Test nachgewiesen wurde. Die Aussage, dass sich durch die Einnahme von Paxlovid die Fallzahlen erhöhen, ergibt daher keinen Sinn. Wie wir in einem Faktencheck im November 2021 erläuterten, zählt das RKI eine Infektion nicht mehrfach – würde sich eine Person während der Einnahme von Paxlovid erneut testen lassen, würde dies nicht als neuer Fall in die Statistik des RKI eingehen. Quelle: CORRECTIV.Faktencheck
-------------------------------------------------------------------------------
Stand vom 28.09.2022. Mögliche Änderungen oder Aktualisierungen finden Sie hier im Originalartikel: https://correctiv.org/faktencheck/2022/09/28/das-medikament-paxlovid-fuehrt-nicht-zu-mehr-positiven-corona-tests/“

Fakten für die Demokratie
Durch eine Kooperation mit dem Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter (BVDA), erscheint in den Anzeigenblättern regelmäßig ein Faktencheck des unabhängigen und gemeinnützigen Recherchezentrums CORRECTIV. Die vielfach ausgezeichnete Redaktion deckt systematisch Missstände auf und überprüft irreführende Behauptungen. Wie Falschmeldungen unsere Wahrnehmung beeinflussen und wie Sie sich vor gezielten Falschnachrichten schützen können, erfahren Sie hier.

Abonnieren Sie für regelmäßige Updates auch den Newsletter von CORRECTIV.Faktencheck.

Im Kurs der Bürgerakademie, der digitalen Lernplattform von CORRECTIV, lernen Sie außerdem, wie Sie zuverlässige Quellen erkennen und seriöse Informationen einordnen. Zum Kurs „Fake News entdecken”.

Autor:

Kraichgau News aus Bretten

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

17 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.