Rundfahrt durch den Walzbachtaler Forst zu den Brennpunkten von Trockenheitsschäden und Wiederaufforstung
Der Klimawandel beschleunigt den Waldumbau

Trockenheitsschäden im Walzbachtaler Wald: Revierförster Christian Wachter (rechts) und der Organisationsleiter im Forstbezirk Ost, Ludwig Thoma, begutachten Buchenkronen, die ihr Laub teilweise oder schon ganz verloren haben. | Foto: ch
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  • Trockenheitsschäden im Walzbachtaler Wald: Revierförster Christian Wachter (rechts) und der Organisationsleiter im Forstbezirk Ost, Ludwig Thoma, begutachten Buchenkronen, die ihr Laub teilweise oder schon ganz verloren haben.
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WALZBACHTAL (ch) Ungewöhnlich früh hat in diesem Jahr im Walzbachtaler Wald die Einschlagsaison begonnen. Der Grund: Die vielen von zu langer Trockenheit geschädigten Bäume müssen weg. Ein weiteres Symptom des fortschreitenden Klimawandels, wie sich bei einer Rundtour mit Forstleuten zeigt.

Gefährdete Kuppen- und Südlagen

„Dass die Buche so schnell auf die Trockenheit reagiert, hat uns überrascht“, sagt der Walzbachtaler Förster Christian Wachter bei der Revierrundfahrt. Der 55-Jährige ist seit 16 Jahren zuständig für 850 Hektar Kommunal- und Staatswald auf der Gemarkung, aber so etwas hat er noch nicht gesehen. Auf den Kuppenlagen im Hinterwald und Forlenwald, wo die Lössschicht auf den Tonböden dünn und die Wasserspeicherkapazität des Waldbodens gering ist, sowie an den südlich gelegenen Waldrändern, etwa am Grillplatz Fraueneiche, verdursten teilweise flächig die Bäume. Der Förster zeigt auf einen Buchenbestand im hoch gelegenen Forlenwaldstreifen zwischen Binsheim und Bonartshäuser Hof: „Anfangs werden die Spitzen dürr, dann kommt die Entlaubung von oben nach unten - bis zum völligen Absterben.“

Rasche Baumfällung notwendig

Dabei sehe man bisher nur die Schäden vom Dürrejahr 2018 und den teilweise auch viel zu trockenen Vorjahren, ergänzt Wachters Begleiter Ludwig Thoma. Der 32-jährige Organisationsleiter für den Forstbezirk Ost im Landkreis Karlsruhe führt die Hitzejahre direkt auf den laufenden Klimawandel zurück. Er befürchtet: „Das ganze Ausmaß der Schäden werden wir erst im nächsten Jahr sehen.“ Gleichwohl sind sich die Forstleute einig: Kranke Bäume müssen weg und zwar schnell. Erstens aus Gründen der Sicherheit: An Straßen, Wohnbebauung und Spielplätzen müssen schadhafte Bäume vordringlich entfernt werden, sagt Ludwig Thoma. Zweitens aus finanziellen Gründen: Je länger man warte, desto weiter fortgeschritten seien die Schäden und desto größer sei der Wertverlust.

Weniger Erlöse, mehr Kosten

Der Organisationsleiter ist auch zuständig für den Holzverkauf. Er versucht, die erwartbaren finanziellen Einbußen bei den Holzerlösen durch schnellen Abverkauf von Bäumen mit deutlichen Anzeichen von Dürreschäden zu begrenzen. „Wir haben einen Kunden, der übers ganze Jahr Holz braucht, und die schnellsten Lieferanten bekommen einen Frühlieferzuschlag“, berichtet Thoma. Aber: Unter dem Strich komme „mit Sicherheit weniger Geld“ heraus. Denn das Ernten schadhafter Bäume sei gefährlicher, erfordere mehr Sicherheitsmaßnahmen und sei dadurch teurer. Revierförster Wachter schätzt: „Wir werden vermutlich ein Drittel weniger gesundes Holz ernten.“ Das wären immerhin fast 3.000 Festmeter weniger. Und er glaubt nicht, dass der Schadenshöhepunkt schon erreicht ist.

Hoffnung auf Tiefwurzler

Und was bedeutet das teilweise Buchensterben für die Zukunft des Waldes? Immerhin ist fast die Hälfte des Waldes im Kraichgau Rotbuchenwald, in Walzbachtal sind es genau 49 Prozent. Wachter steuert seinen Geländewagen zu einer Lichtung im Gewann Dornschlag. „Hier haben wir auf rund 2,5 Hektar junge Eichen gepflanzt“, erklärt er die Strategie. Künftig sollen alle Standorte auf schwer wasserdurchlässigen Tonböden vor allem mit Eichen, kleinflächig auch mit Elsbeeren und exotischen Baumarten wie Schwarznuss, Tulpenbaum oder Baumhasel aufgeforstet werden. Die Hoffnung: Im Gegensatz zu den flacher wurzelnden Rotbuchen haben diese Baumarten tiefe Pfahlwurzeln, die sich auch durch schwer durchlässige Böden bis zum Grundwasser bohren.

Nadelbaumanteil sinkt

Insgesamt geben die Forstleute die Buchen jedoch nicht verloren. Sie setzen darauf, dass diese Laubbäume durch Naturverjüngung ihren Anteil am Gesamtwald halten können und sich die jungen Buchen besser an das veränderte Klima anpassen. Anders beim Nadelholz. Der Revierförster drückt es so aus: „Bei uns findet im Augenblick eine Entfichtung statt.“ An der dritten Station der Rundtour im Hinterwald-Gewann Taubenschlag liegen Fichtenstämme aufgestapelt neben dem Waldweg. Wegen ihrer Flachwurzeln fallen sie immer häufiger Stürmen, Trockenheit und in der Folge Schädlingen wie dem Borkenkäfer zum Opfer. Als Konsequenz sind die Forstleute dazu übergegangen, Fichten teilweise durch trockenheitsresistentere amerikanische Douglasien zu ersetzen und den Nadelholzanteil insgesamt zu senken.

Wald als Klimaschützer

Der Umbau hin zu einem klimastabileren Mischwald habe schon vor Jahrzehnten begonnen, erinnert Ludwig Thoma. Aber der Klimawandel sei zuletzt schneller fortgeschritten als gedacht. Dadurch müssten mehr kahl gewordene Flächen, wenn sie sich nicht von selbst verjüngen, aktiv nachgepflanzt werden. „Das kostet viel Geld und Personal, das die Kommunen nicht alleine aufbringen können.“ Der Wald leide unter dem Klimawandel, aber er leiste – neben weiteren existenziell wichtigen Funktionen wie Erholung, Wasser- und Naturschutz - auch einen großen Beitrag zum Klimaschutz, betont der Forstexperte: „Der Wald entzieht der Atmosphäre große Mengen des klimaschädlichen Kohlenstoff-Dioxids, im Landkreis Karlsruhe jährlich gut sieben Tonnen pro Hektar, speichert es als Kohlenstoff im Holz und produziert gleichzeitig lebenswichtigen Sauerstoff.“

Mehr zum Klimawandel lesen Sie auf unserer Themenseite

Autor:

Chris Heinemann aus Bretten

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