Vier Windräder wären möglich auf dem "Landskopf" bei Menzingen
Eigene Stromversorgung für Kraichtal
Kraichtal-Menzingen (art) Die Zuhörerinnen und Zuhörer in der Mehrzweckhalle in Menzingen sind gegenüber dem Bau von Windkraftanlagen (WKA) in Kraichtal überwiegend positiv eingestellt. Dies zeigen der Applaus und die Reaktionen auf die einzelnen Redebeiträge bei der Info-Veranstaltung in der vergangenen Woche zur Nutzung von Windkraft in Kraichtal. Der Initiativkreis Energie Kraichgau (IEK) hatte zu diesem Abend eingeladen, um öffentlich darzustellen, wo Windräder auf der Gemarkung der Flächengemeinde stehen könnten, welche Dimensionen sie haben und welchen Ertrag. Das Interesse ist so groß, dass bei rund 250 Zuhörerinnen und Zuhörern die Sitzplätze nicht ausreichen. Auch Auswärtige sind gekommen, um sich ein Bild zu dem Thema zu machen.
Viele Bürgerinnen und Bürger wollten sich informieren
Klaus Schestag, IEK, informiert zunächst grundsätzlich über die Notwendigkeit der Nutzung von sauberen Energien und wie das in Kraichtal geschehen könne. Bürgermeister Ulrich Hintermayer erläutert an Hand einer Kartenübersicht, wo Windräder stehen könnten und wie die Auswahl der Standorte erfolgt ist. Die Bürgerinitiative "Gegenwind" Obergrombach-Helmsheim-Kraichgau stellt mit ihrer Vorsitzenden Christiane Berberich ihre Kritikpunkte und Gegenargumente dar. Vom Investor Prokon spricht Manuel Wagner über die Chancen der Windkraftnutzung in Kraichtal. Von seinen konkreten Erfahrungen mit der Nutzung von Windenergie in großen Windparkanlagen berichtet Benjamin Friedle. Es ist also die gesamte Bandbreite von Befürworten und Gegnern der Windkraftnutzung vertreten, nicht nur mit Vorträgen, sondern auch mit Infoständen. Hier kann man sich nach den Referaten und der Publikumsdiskussion im Einzel- oder Kleingruppengespräch ein eigenes Bild machen.
Gegner und Befürworter der Windkraftnutzung waren dabei
Die vier WKA könnten an der Landesstraße L 553 auf der Höhe zwischen Münzesheim und Menzingen, dem Landskopf, errichtet werden. Sie erreichen eine Nabenhöhe von zirka 160 Metern. Bei Windgeschwindigkeiten von 5,8 bis 6,0 Metern pro Sekunde rechnet der Anlagenbauer mit 51.000 Megawattstunden pro Jahr. Das seien 12.700 Vier-Personen-Haushalte bei einem Jahresverbrauch von 4.000 Kilowattstunden, rechnet Manuel Wagner vor. Klaus Schestag geht bei einer vorsichtigeren Prognose immerhin noch von fast 30.000 Megawattstunden Strom aus und einer etwa 50prozentigen Deckung des Strombedarfs in Kraichtal (ohne Verkehr und Wärme).
Rund 50 Prozent des Strombedarfs aus Windkraft
Bis die Anlagen aber gebaut werden, müsse sich der Gemeinderat noch einmal damit befassen, da der neue Windatlas veränderte Bedingungen darstelle und deshalb der Teilflächennutzungsplan anzupassen sei, wie Bürgermeister Hintermayer sagt.
Die Windkraftgegner stützen ihre Argumentation auf den Wald-, Natur- und Landschaftsschutz im Allgemeinen, auf den Schutz von Vögeln und Fledermäusen im Besonderen, auf die Beeinträchtigung von Lebensqualität und touristischer Attraktivität sowie auf den Wertverlust von Immobilien in Kraichtal. Sie bezeichnen die Energiewende als "Sackgasse", die Investition in alternative Energien als "Irrglaube" und das Erneuerbare Energien Gesetz als das "Kernproblem" für die steigenden Strompreise.
Energiewende eine Sackgasse!?
Klaus Schestag benennt als Ingenieur und erfahrener Fachmann in Sachen alternativer Energien die Vorteile der Windkraftnutzung in Kraichtal unter anderem mit regionaler Wertschöpfung und dezentralen Strukturen, mit Energieunabhängigkeit und neuen Arbeitsplätzen sowie einer wesentlich höheren "Energie-Ernte" bei der Verwendung von alternativen Energiequellen. Die Notwendigkeit der Energiewende ergebe sich aus den klimatischen Veränderungen, die seit Jahren prognostiziert seien und sich allmählich immer deutlicher zeigten, sagt Schestag. Er betont das Credo des Initiativkreises: "100 Prozent sind möglich!" Damit sei die vollständige Energieversorgung durch erneuerbare Energien gemeint, sagt Schestag, "wenn wir gleichzeitig Energie effizient nutzen und sparen, wo immer es möglich ist."
Windkraftanlagen in Kraichtal sind rentabel
Der Anlagenbauer Prokon bestätigt die Äußerungen Schestags und betont, dass Untersuchungen zur Windhöffigkeit und seriöse Berechnungen der Wirtschaftlichkeit Windkraftanlagen in Kraichtal als rentabel erscheinen lassen. Benjamin Friedle, Geschäftsführer des Bürgerwindparks Hohenlohe, sagt dazu: "Wir betreiben derzeit 21 Windenergieanlagen in einem Beteiligungsmodell mit mehr als 900 Personen. Der Stromertrag ist erfreulich hoch." Die Befürchtungen wegen negativer Folgen durch die Windkraftanlagen für Menschen, Tiere, Natur und Landschaft hätten sich nicht bestätigt. Zusätzlich entwickle man mit "BirdVision" ein neues Produkt, um Vögel im Umfeld der Windenergieanlagen zu schützen.
"BirdVision" schützt Vögel
Eine angeregte, aber disziplinierte Diskussionsrunde beendet den offiziellen Teil des Informationsabends. Weitere Gespräche ergeben sich an den gut besetzten Informationsständen.
Für eine Informationsfahrt zu bestehenden Windparks in der Region, die der IEK am Samstag, 21. März, anbietet, liegen bereits erste Anmeldungen vor. Weitere Interessierte können sich melden unter der Telefonnummer 07250/92 16 08. Der IEK informiert über seine Tätigkeit auf der Website www.energie-kraichgau.de
Autor:Martin Stock aus Region |
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