Bei der Haushaltsverabschiedung in Walzbachtal werben die Fraktionen für Sparkurs und Steuererhöhung
Fokus künftig auf kleinere Projekte
WALZBACHTAL (ch) Die großen Investitionen der vergangenen Jahre überschatten die Walzbachtaler Haushaltsplanungen für das laufende Jahr. Bürgermeister Timur Özcan hatte bereits in seiner Rede anlässlich der Haushaltseinbringung von einer „sehr schwierigen Situation“ gesprochen, die „keine großen Investitionen“ erlaube. Künftig soll der Fokus auf kleinere Projekte gelegt werden. Die Entschlossenheit, mehr zu sparen und zugleich neue Einnahmequellen zu erschließen, wird vom Gemeinderat mitgetragen. Darauf ließen nicht nur die üblichen Haushaltsreden der Fraktionen, sondern auch die einstimmige Verabschiedung des Haushaltsentwurfs am Montagabend schließen.
Überprüfung aller Standards
Dass man nach Jahren stabiler Steuersätze „notgedrungen“ die Hebesätze von Grund- und Gewerbesteuer an den Landesdurchschnitt habe anheben müssen, sei der CDU-Fraktion nicht leicht gefallen, räumte deren Vorsitzende Jutta Belstler ein. Sie verwies auf den „eindeutigen Auftrag“ der Gemeindeprüfungsanstalt, „verstärkt eine Haushaltskonsolidierung in die Wege zu leiten.“ Künftig müssten die „Standards in allen Aufgabenbereichen“ nach den Kriterien „Gesetzliche Vorgaben mit oder ohne Spielräume der Gemeinde“ sowie „Keine Vorgaben – reine Freiwilligkeitsleistungen“ überprüft werden. Unverständlich sei allerdings, dass eine Hortbetreuung als „Freiwilligkeitsleistung“ einer Kommune gewertet werde und nicht als Pflichtaufgabe von Land und Bund.
Maßnahmenkataloge vorgeschlagen
Die einzige geplante neue Personalstelle für einen Gemeindevollzugsdienst rechtfertigte die CDU-Sprecherin mit der Notwendigkeit, Falschparkern Einhalt zu gebieten. Sie bedauerte, dass die Gemeinde durch die Bürgereingabe zum geplanten Seniorenzentrum Kirchberg mit Zusatzkosten von rund 78.000 Euro belastet worden sei. Darüber hinaus bat sie, die Gemeinderatsfraktionen künftig an den vom Bürgermeister in verschiedenen Bereichen angekündigten Runden Tischen zu beteiligen und schlug unter anderem Maßnahmenkataloge zur Schaffung von mehr Wohneigentum sowie für kommunalen Klimaschutz vor.
Vorbehalt Klimaneutralität
Als Vorsitzende der mit fünf Räten neuerdings zweitgrößten Fraktion forderte Andrea Zipf für die Grünen, alle künftigen Entscheidungen unter den Vorbehalt der Klimaneutralität zu stellen. Wie allen Fraktionen sei auch den Grünen wichtig, dass die Vereinsförderung trotz Sparzwangs nicht angetastet wurde. Statt der Erschließung neuer Baugebiete solle aber besser moderat verdichtet werden. Mit ihrer Vorrednerin einig war sie sich in der Forderung nach Ausbau eines zweiten Stadtbahngleises. Sie brach zudem eine Lanze für Bürgerbeteiligung und präsentierte eine Reihe von Haushaltsanträgen, darunter die Teilnahme an der Aktion „Pflück mich“ zum straffreien Abernten nicht genutzter Streuobstbäume, die Teilnahme am „Stadtradeln 2020“ sowie die Einstellung eines Behindertenbeauftragten.
Verteidigung früherer Investitionen
SPD-Fraktionschefin Silke Meyer verteidigte die Gemeinde gegen den Vorwurf, der hohe Schuldenstand von derzeit über 1.400 Euro pro Einwohner sei hausgemacht: Die Investitionen in den Rathaus- und Kindergartenneubau seien notwendig gewesen. Ebenso warb sie um Verständnis dafür, dass freiwillige Leistungen, etwa in der Kinderbetreuung, künftig stärker unter die Lupe genommen würden. Dass Vorhaben wie das Musikerheim in Wössingen und das neue Bürgerzentrum in Jöhlingen auf Eis gelegt werden, hatte schon der Bürgermeister angekündigt. Immerhin wird die beschlossene Straßenausbesserung nun nach einer von der SPD verfassten Prioritätenliste angegangen. Wie die anderen Fraktionen steht auch die SPD voll hinter den Projekten Discounter-Ansiedlung sowie Pflegeheim Kirchberg und hat zusätzlich ein kleines Budget für ein Jugendprojekt beantragt.
Warnung vor Zwangseinschnitten
Für die Liberalen warnte deren Sprecher Werner Schön davor, dass die Kommunalaufsicht, sollte die Haushaltslage sich nicht bessern, in Zukunft auch Einschnitte bei den freiwilligen Leistungen zur Vereinsunterstützung verlangen könnte. Für die Aktion „Pizza mit dem Bürgermeister“ seien die Finanzen schon jetzt zu knapp, meinte Schön, ein Seitenhieb auf die vom Bürgermeister zur Kernaufgabe erklärte Jugendarbeit. Unter anderem warb der FDP-Sprecher für die Realisierung des geforderten Kreisels beim Falltor in Wössingen, für Engagement bei der Feuerwehr sowie für die Versorgung der Gemeinde mit Eigenwasser. Allerdings sei es auch so, gab Schön mit einem Reim zu bedenken: „Allen Menschen Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.“
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Autor:Chris Heinemann aus Bretten |
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