Jugendhilfe- und Sozialausschuss tagte
Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung als große Herausforderung
Region (red) Zu seiner ersten Sitzung in neuer Besetzung ist der Jugendhilfe- und Sozialausschuss des Landkreises Karlsruhe am Montag, 16. September, in Stutensee zusammengekommen. Neben der Verpflichtung der Mitglieder, die nicht gleichzeitig Mitglieder des Kreistags sind, und der Wahl von Jutta Belstler (CDU) und Petra Becker (Freie Wähler) zu stellvertretenden Vorsitzenden standen erste Sachstandsberichte an, die das Gremium zur Kenntnis nahm.
Betreuungsrechtsreform im Fokus
Zunächst legte die Verwaltung einen Bericht zur Betreuungsrechtsreform vor, die 2023 in Kraft trat. Diese fördert eine stärkere Selbstbestimmung unterstützungsbedürftiger Menschen sowie die Qualität der rechtlichen Betreuung. Das hat auch zu Herausforderungen für das Landratsamt geführt. Schon im Jahr 2022 haben vorbereitende Maßnahmen für die Reform stattgefunden. Menschen, die ihre rechtlichen Angelegenheiten nicht selbständig regeln können, benötigen einen Vertreter oder eine Vertreterin. Die Anzahl der neu eingerichteten Betreuungen stagniert nach einem Anstieg in den vergangenen Jahren nun auf hohem Niveau. Ende 2023 bestanden im Landkreis Karlsruhe für 4.147 Personen rechtliche Betreuungen. Die meisten hiervon sind durch berufliche Betreuungen oder durch Menschen aus dem familiären oder sozialen Umfeld vertreten.
Immer schwerer, Betreuer zu finden
Auch die Zahl der Sachverhaltsermittlungen steigt seit Jahren konstant an. Das Landratsamt ist zudem für die Bedarfsermittlung und Planung eines ausreichenden Angebots an Betreuerinnen und Betreuern sowie die Qualitätssicherung zuständig. Ein wesentlicher Aspekt ist auch die Umsetzung des Erforderlichkeitsgrundsatzes, der die Vermittlung anderer Hilfen zur Vermeidung rechtlicher Betreuungen in allen 32 Städten und Gemeinden vorsieht. Denn es wird immer schwerer ausreichend berufliche Betreuerinnen und Betreuern zu halten, nachzubesetzen oder auszubilden.
Kapazitäten bei Kinderbetreuung mangelhaft
Ähnlich sieht es auch bei der Kindertages- und Schulkinderbetreuung aus, auch hier fehlt es an Kapazitäten und Personal. Das Landratsamt steht als Verwaltung vor der Aufgabe, die neuen Höchststände und eine wachsende Nachfrage nach Betreuungsplätzen, zunehmende Wünsche der Eltern, Inklusion und vieles mehr aufzufangen. Gleichzeitig sind die Gemeinden weiter gefordert, die Kapazitäten auszubauen, um alle Rechtsansprüche zu erfüllen. Mit Beginn des Schuljahres 2029/2030 haben alle Kinder im Grundschulalter Anspruch auf ein Bildungs- und Betreuungsangebot im Umfang von täglich acht Stunden. Schüler und Schülerinnen der ersten Klassen betrifft dies bereits ab dem Schuljahr 2026/2027. Auch hier ist es notwendig einen rechtsanspruchserfüllenden Ausbau der Betreuungsplätze durch die Kommunen sicherzustellen. Aktuell entsprechen nicht alle vorhandenen Plätze in Summe und vorgegebenen Rahmenbedingungen den Anforderungen der Ganztagsbetreuung in einzelnen Städten und Gemeinden.
Betreuungsplätze fehlen
Im Landkreis Karlsruhe bestehen zum Stichtag derzeit 324 Kindertageseinrichtungen. Das Jugendamt erhebt jährlich bei den Kommunen den Bestand der Kindertagesbetreuung. Für Kinder bis drei Jahren fehlen aktuell rund 308 Betreuungsplätze. Für das kommende Kindergartenjahr stehen im Landkreis 191 Kinder unter drei Jahren auf der Warteliste. In der Konsequenz beschaffen sich manche Eltern selbst einen Betreuungsplatz, kontaktieren das Kreisjugendamt zur Vermittlung eines Platzes, stellen beim Kreisjugendamt einen Antrag auf Kostenübernahme für die Mehrkosten oder reichen Klage ein. Die Betreuungsquote für Kinder zwischen drei Jahren und Schulstart lag in diesem Frühjahr mit 89 Prozent höher als in den Vorjahren, dennoch haben 472 Kinder zum Stichtag der Erhebung dieser Altersgruppe keinen Betreuungsplatz erhalten. Für das kommende Kindergartenjahr stehen 204 Kinder auf der Warteliste. Der Rechtsanspruch passt derzeit nicht zur Ausgangslage und den Kapazitäten in den Einrichtungen, die mit einem immer größer werdenden Fachkräftemangel zu kämpfen haben.
Es fehlt an personellen Ressourcen
Für Kinder in der Grundschule soll das Ganztagsförderungsgesetz ab dem Schuljahr 2026/2027 eine Betreuungslücke schließen. Der Rechtsanspruch auf acht Stunden Betreuung kann dabei über die schulische Bildung und ergänzende kommunale Formen sowie der Kinder- und Jugendhilfe verwirklicht werden. Der Rechtsanspruch gilt auch für Kinder, die Anspruch auf Beschulung an einem Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrum haben. Hiervon ist der Landkreis als Schulträger direkt betroffen. Hinzu kommen rund 450 ukrainische Kinder im Alter von null bis sechs Jahren, denen bei einem Verbleib ein Betreuungsplatz anzubieten ist. Nach einer aktuellen Bestandserhebung verfügen die Städte und Gemeinden bereits über mehr als 3.100 Betreuungsplätze, die der Nachfrage entsprechen. Zahlreiche Kommunen nutzen außerdem bereits die Möglichkeit, einer „Zentralen Vormerkung“. Eltern können digital ihr Kind von zu Hause für die Kindertagesbetreuung anmelden bzw. vormerken lassen. Dennoch haben die Unterstützungsanfragen von Eltern bei der Suche nach einem Betreuungsplatz beim Jugendamt im Vergleich zum Vorjahr mit in Summe 124 Anfragen weiter zugenommen. Für die Erfüllung einer qualitativen Bedarfsplanung müssen in den Städten und Gemeinden vor allem personelle Ressourcen vorhanden sein.
Autor:Kraichgau News aus Bretten |
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