Zwischenbilanz des Hochwassser- und Starkregenschutzes in der Region: Beispiel Gondelsheim
Überflutungsschutz über das übliche Maß hinaus
Unter dem Eindruck teils erheblicher Schäden infolge der in den letzten Jahren aufgetretenen Dauerregen- und Starkregen-Ereignisse wurden und werden im Kraichgau Millionen in Schutzmaßnahmen investiert. Nicht nur in Bretten, auch in der Region. Wir haben uns in den am stärksten getroffenen Kommunen umgesehen: heute in Gondelsheim.
GONDELSHEIM (ch) Als Anfang Juni 2013 in Gondelsheim nach tagelangem Regen der Saalbach über seine Ufer trat, lief das Wasser nicht nur die Bahnhofstraße und die Silbergasse hinunter in Richtung Ortsmitte, sondern überflutete auch bewohnte Uferbereiche in der Froschgasse und im Rössener Grund. Die Folgen: unter anderem ein zerstörter Hallenboden beim örtlichen Tennisclub sowie Wasserschäden im Betreuten Wohnen und in mehreren Privathäusern.
Gefahr von unerwarteter Seite
Auch bei nur stundenweise auftretenden Starkregen, mit denen Gondelsheim schon seit den 1950er Jahren mehrmals unliebsame Bekanntschaft machte, erwies sich wiederholt der angeschwollene Saalbach als kritischer Bereich, sagt der Gondelsheimer Bürgermeister Markus Rupp. Doch anders als beim klassischen Hochwasser infolge Dauerregens kam die Gefahr bei Starkregen zusätzlich von gänzlich unerwarteter Seite: Sturzfluten ergossen sich von den landwirtschaftlich genutzten Anhöhen im Westen durch gewöhnlich völlig trockene Gräben und zuweilen auch an diesen vorbei in die angrenzenden Wohngebiete.
Verzögerungen beim Hochwasserschutz
Ein dreistufiger Alarmierungs- und Einsatzplan gegen das Bachhochwasser vom Dammbalkeneinbau über Lautsprecherdurchsagen bis zur Evakuierung des Betreuten Wohnens, aufbauend auf dem Saalbachpegel und der 2016 entwickelten Gondelsheimer Hochwasser-App für Smartphones, war relativ schnell und kostengünstig umgesetzt. Kostenintensivere Maßnahmen wie die Uferverwallungen bachabwärts von der Saalbachhalle und eine trichterförmige Mauer vor der Meierhof-Brücke mussten jedoch wegen unvorhersehbarer finanzieller Engpässe verschoben werden. Im Fall der Meierhof-Brücke müssen laut Bürgermeister ohnehin erst die Planungen für die neue Saalbach-Brücke zur ebenfalls neuen Bahnunterführung abgewartet werden. Denn geklärt werden müsse, wie sich deren größere Durchlasshöhe auf die erforderlichen Maße der Meierhof-Brücke auswirkt, so Rupp.
Umfangreicher Starkregenschutz
Unterdessen wurde am Schutz gegen Starkregen weitergearbeitet. Schon vor knapp zehn Jahren hat die Gemeinde die Straße am Riedgraben korrigiert, den Einlauf der Riedgrabenverdolung aufgeweitet und 2010 für rund 1,3 Millionen Euro das Rückhaltebecken am Lohrgraben vergrößert. Auch beim Bruchgraben wurde der Verdolungseinlauf optimiert und für den Fall eines Starkregenalarms der Einbau eines Dammbalkens vor dem bewohnten Teil des Bruchwegs vorbereitet. Erst in diesem Jahr wurde zusätzlich vor der Wohnbebauung ein Querkanal angelegt, der mögliche Sturzfluten vom Weg in den Graben ableiten soll. Außerdem ließ die Gemeinde im Einzugsbereich des Bruchgrabens einen Regensensor errichten und vereinbarte vor einem Jahr mit dem EnBW-Start-up NOYSEE die Installation von autark arbeitenden Pegel-Sensoren an Bruch- und Riedgraben sowie an zwei Saalbach-Standorten. Sie sollen künftig das bestehende Warnsystem ergänzen. „Bei den Gräben haben wir alles getan“, fasst Markus Rupp zusammen.
Zusätzliche Maßnahmen
Dennoch will die Gemeinde noch mehr tun. Ziel ist der Schutz vor einem 100-jährlichen Überflutungsereignis plus Klimawandel-Aufschlag, sagt Rupp. Wie bereits Bretten hat auch Gondelsheim die auf Starkregenabwehr spezialisierte Firma Spekter mit einer Voruntersuchung beauftragt, wie das Frühwarnsystem gegen Sturzfluten noch verbessert werden kann. „Ich gehe davon aus, dass die Ergebnisse im Herbst vorliegen“, sagt der Bürgermeister. Alles in allem habe die Gemeinde bis dato über zwei Millionen Euro für Schutzmaßnahmen ausgegeben. Und noch einmal dieselbe Summe, abzüglich einem zu erwartenden 70-prozentigen Landeszuschuss, komme in den nächsten Jahren oben drauf.
Auch Bürger gefordert
Das alles könne aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch die Bürger ihren Teil zur Gefahrenabwehr beitragen müssen, mahnt der Rathauschef. Wobei die Gemeinde den Privatleuten unterstützend zur Seite stehe. Im April wurde die Sandsackaktion für Einwohner wiederholt. Anfang Mai organisierte sie eine Informationsveranstaltung mit dem auf Wasserbau spezialisierten Ingenieurbüro Wald + Corbe. Dabei erfuhren die Besucher unter anderem, wie sie sich und ihr Eigentum mit dem Einbau wasserdichter Türen und Rückhalteventilen sowie der Sicherung von Schächten schützen können.
Weitere Artikel zum Thema finden Sie auf den Themenseiten Hochwasser und Starkregen
Autor:Chris Heinemann aus Bretten |
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