Serie: Die Schicksale hinter den Steinen
Folge 3: Moses Lichtenberger - In den Suizid getrieben

Rosa und Moses Lichtenberger, ca. 1900  | Foto: privat
  • Rosa und Moses Lichtenberger, ca. 1900
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Bretten (ger/Jana Zeitler) 34 Stolpersteine liegen in Bretten. Dabei handelt es sich um Gedenksteine an Opfer der NS-Zeit, die vor deren ehemaligen Wohnhäusern verlegt wurden. Oberstufen-Schülerinnen des Melanchthon-Gymnasiums Bretten (MGB) haben die Schicksale der Menschen aufgeschrieben, die in Bretten von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden. Sie erscheinen in loser Reihenfolge in der Brettener Woche. Im heutigen Artikel schreibt Jana Zeitler über Moses Lichtenberger. Sie sagt: „Meiner Meinung nach ist es wichtig, sich mit den Opfern des Nationalsozialismus zu beschäftigen, da sie schreckliche Verbrechen erlitten haben, die sich niemals wiederholen dürfen. Durch die Beschäftigung mit den konkreten Schicksalen Einzelner wird das Thema greifbarer und realer, denn das Leiden und die Brutalität, welche das damalige Leben prägten, werden nicht verharmlost oder erscheinen als ferne Berichte aus dem Geschichtsbuch, sondern sind an den Leben einzelner Personen spürbar. Dadurch ist es möglich, die Situation der Betroffenen zumindest ein Stückweit nachzuempfinden und sich dessen bewusst zu werden, dass stets gegen Antisemitismus, Rassismus, sowie jede andere Form der Diskriminierung vorzugehen ist.“

Viehhändler Moses Lichtenberger

Moses Lichtenberger, geboren am 17. Juni 1865, besuchte die Realschule – heute MGB – und war seit 1890 Bürger in Bretten. Er arbeitete im elterlichen Betrieb und führte mit seinem Bruder Lazarus nach dem Tod der Eltern im Jahr 1905 die Firma „Adolf Lichtenberger, Söhne“, die größte Viehhandlung in Bretten. Die Lichtenbergers kommen ursprünglich aus Bauerbach. 1860 heiratete der Viehhändler Adolf Lichtenberger die in Flehingen geboren Regina Weingärtner in Bretten. Die ersten beiden Kinder, Lazarus und Gimele, kamen in Bauerbach zur Welt, Moses dann schon in Bretten. Viele Viehhändler kamen nach Bretten wegen der besseren Handelsmöglichkeiten und der Viehmärkte.

Ruin war vorhersehbar

Am 1. April 1933 begann mit dem Judenboykott die systematische Verfolgung durch das NS-Regime. Die Kundschaft wurde unter anderem durch Einschüchterungen gezwungen, Geschäftsbeziehungen abzubrechen. Der Einkauf bei Juden wurde verboten, die Schulden von Christen bei Juden erlassen. Geschäfte waren so nicht mehr zu machen, der Ruin vorhersehbar, da die jüdischen Familien nur noch vom Ersparten leben konnten.

Lichtenberger erhängte sich in der Scheune

Ab 1917 lebte Moses Lichtenberger mit seiner Familie in Stuttgart. Am 7. November 1933 war er in Bretten. Das Haus seiner Firma in der Pforzheimer Straße 51 war von uniformierten SA-Männern umstellt, die Geschäftsräume durchsucht und verwüstet. Moses Lichtenberger wurde gesucht. Er flüchtete in die Scheune, wo er sich erhängte. Beerdigt wurde Lichtenberger in seinem Wohnort Stuttgart. Nach dem Tod ihres Mannes zog seine aus der Pfalz stammende Frau Rosalie, geborene Levy, nach Mannheim, bis sie 1937 zu ihren vier Kindern Hans Jakob (*1900), Friedrich Samuel (*1901), Gertrud Regina (*1907) und Adolf (*1912) nach New York auswandern konnte.

Text: Jana Zeitler

Die weiteren Folgen der Serie finden Sie auf unserer Themenseite "Schicksale hinter Stolpersteinen".

Autor:

Katrin Gerweck aus Bretten

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