Gespräch mit Oberbürgermeister Martin Wolff anlässlich der Jahreswende über laufende und geplante Projekte
Gartenschau als Leitfaden für die Zukunft

OB Martin Wolff
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Bretten (swiz/ch) Im Interview mit der Brettener Woche hat Oberbürgermeister Martin Wolff unter anderem über künftige Bauvorhaben, die Forderungen nach mehr Industriegebieten und die Chancen gesprochen, die eine Gartenschau der Melanchtonstadt bietet.

Herr Wolff, das wichtigste Bau-Thema in Bretten ist derzeit die Bebauung des Sporgassenparkplatzes mit unter anderem einem Gesundheitszentrum und einer Tiefgarage. Immer wieder kommen in diesem Zusammenhang aber auch Gerüchte auf, das Gesundheitszentrum sei eher eine „Totgeburt“ und viele der potenziellen Mieter seien wieder abgesprungen. Was antworten Sie den Kritikern?
Martin Wolff: Es gelten nach wie vor die bereits kommunizierten Tatsachen. Die Firma Weisenburger ist derzeit in finalen Gesprächen mit den immer noch interessierten Ärzten und Anbietern von gesundheitsnahen Dienstleistungen über die konkreten Flächenzuschnitte der Praxen und Räume im Gesundheitszentrum. Das sind manchmal schwierige Detailverhandlungen, die einfach ihre Zeit brauchen. Aber gut Ding will Weile haben und von einer Totgeburt zu sprechen, ist absolut verfehlt. Von den ursprünglich neun Interessierten haben nur zwei abgesagt; dafür sind drei neue hinzugekommen. Das Interesse am Gesundheitszentrum ist unverändert sehr groß. Zudem wird die Firma Weisenburger aller Voraussicht nach, trotz der jetzt noch laufenden Verhandlungen, den Fertigstellungstermin Ende 2021 halten können.

Bleiben wir beim Thema Bauprojekte. Im geplanten Parkhaus auf dem Mellert-Fibron-Areal sollen ausschließlich Firmenparkplätze entstehen. Kann es Aufgabe der Stadt sein, ein Parkhaus nur für Firmenmitarbeiter zu bauen, oder ist das nicht Sache eines privaten Investors?
Eine Quartiersgarage für mehrere Firmen ist Aufgabe der Wirtschaftsförderung. Neben Firmenparkplätzen für das Quartier Mellert-Fibron hat das Parkhaus ja noch einen öffentlichen Zusatznutzen: Es dient gleichzeitig als Lärmschutzwand. Bevor wir nur eine teure Lärmschutzwand hinstellen, kamen wir auf die Idee, eine Lärmschutzwand mit Zusatznutzen zu bauen. Parkplätze brauchen wir ohnehin, also bot es sich an.

Von Zeit zu Zeit werden Forderungen nach mehr Flächen für Gewerbebetriebe laut. Gibt es im Industriegebiet Gölshausen noch Potenzial? 
Ja, den berühmten siebten Bauabschnitt mit insgesamt rund sechs Hektar. Nachdem der Regionalverband Mittlerer Oberrhein eine Ausnahmegenehmigung zum Regionalplan erteilt hat, können wir jetzt den Bebauungsplan zum Abschluss bringen und auch den Grunderwerb abschließen. Erst dann kann die Erschließung beginnen. Das wird wohl noch ein bis anderthalb Jahre dauern. Wir brauchen die Flächen für Firmen mit Erweiterungsbedarf, aber auch für ansiedlungswillige neue Unternehmen. Da haben wir bereits konkrete Interessenten, unsere Priorität liegt aber in der Bestandspflege.
 
War in diesem Zusammenhang der Verkauf des gesamten Rüdtwald-Areals an die Firma Deuerer ein Fehler? Die Fläche ist weg, aber es scheint sich dort nicht viel zu tun. 
Die Firma Deuerer hat einen hohen zweistelligen Millionenbetrag in die Standortsicherung investiert. Hohe Investitionen in neue Produktionslinien werden folgen. Dies ist für den Wirtschaftsstandort Bretten von immenser Bedeutung.

Also war der Verkauf keine falsche Entscheidung? 
Ich halte es nach wie vor für eine absolut richtige Entscheidung, einen der größten Arbeitgeber und Gewerbesteuerzahler in Bretten zu halten. 

Wo sehen Sie denn weitere Möglichkeiten für Gewerbe?
Weitere Gewerbeflächen ergeben sich aus der Fortschreibung des Regionalplans, wozu wir schon konkrete Vorschläge gemacht haben. 

Denken Sie dabei auch schon an das Sprantaler Tal, wo in absehbarer Zeit die geplante Südwestumfahrung eine neue Bebauungsgrenze markieren könnte? 
Erst wenn wir die konkreten Planungen des Regierungspräsidiums vorliegen haben, können wir an die künftige Umgehungsstraße heranplanen. Auch da habe ich Hoffnungen, dass sich neue Entwicklungsmöglichkeiten für Wohnen und Gewerbe bieten. 

Kommen wir zum Thema Verkehr: Vor der geplanten Sanierung der Schnellbahnstrecke Mannheim – Stuttgart sind die Gemeinden schon in heller Aufregung. Bretten wird durch die Schließung des Bahnübergangs in Diedelsheim während der sechs Monate dauernden Sanierung betroffen sein. Wie sehen die Lösungen der Stadt aus? 
Wir hatten schon vor einiger Zeit ein Treffen mit Vertretern der Deutschen Bahn. Für die Dauer der Sperrung plant die DB eine provisorische Fußgängerbrücke über die Gleise zu bauen. Für die Autofahrer wird in dieser Zeit eine Umleitung eingerichtet. Ich denke immer noch, dass die Entscheidung für eine komplette Schließung besser war, als den Bahnübergang an wenigen Zeitpunkten des Tages für wenige Minuten zu öffnen. Ich denke, mit unserer Lösung werden die Diedelsheimer leben können.

Wurden noch weitere Alternativen geprüft? 
Wir haben geprüft, ob eine Umleitung über den Postweg nach Gondelsheim möglich ist. Das ist allerdings aus mehreren Gründen nicht möglich. Der Weg müsste erst umfangreich saniert werden, um einen ungefährdeten Begegnungsverkehr zu ermöglichen. Darüber hinaus fahren dort auch viele große landwirtschaftliche Maschinen. Zu guter Letzt liegt der Weg auch nur zu einem Drittel auf Brettener Gemarkung und zu zwei Drittel auf Gondelsheimer Gemarkung. 

Rings um Bretten wachsen die Gewerbegebiete weiter und produzieren dabei auch zusätzlichen Verkehr in der Region. Droht Bretten zu einem Drehkreuz zweier autobahnähnlicher Bundesstraßen zu werden? 

Bretten ist schon ein Drehkreuz und das ist das Problem. Wir sind schon Ausweichstrecke für die Autobahn. 

Müsste man dann aber nicht verstärkt über Maßnahmen zur Begrenzung des Verkehrs nachdenken? 
Auf Bundesstraßen haben wir als Kommune kaum eine Handhabe. Aber wir müssen auch unseren eigenen Binnenverkehr reduzieren. Deswegen arbeiten wir an einem umfangreichen Mobilitätskonzept. Davon erhoffe ich mir spürbare Verbesserungen, angefangen zum Beispiel bei einem engeren Stadtbahntakt über innerstädtischen On-Demand-Busverkehr bis zu einer unter dem Stichwort Regio Move bekannt gewordenen Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsmittel. Aber auch hier wird es keine allseits zufriedenstellende Lösung geben, sondern eher Kompromisslösungen, da wir den zur Verfügung stehenden Verkehrsraum nur einmal aufteilen können. 

Bretten bewirbt sich um die Durchführung einer „Kleinen Landesgartenschau“ für den Zeitraum 2031 bis 2035. Was erhoffen Sie sich von dieser Schau, wenn die Bewerbung erfolgreich ist? 
Für uns ist das die Chance einen Zukunftsplan für die Stadt zu entwickeln. Die Planungen, die wir im Zuge der „Kleinen Landesgartenschau“ entwickeln, können für die Gremien der Stadt ein wichtiger Leitfaden für die Zukunft sein. Konkreter heißt das, wir wollen das urbane Gebiet Brettens erlebbarer machen, zum Beispiel durch mehr Grünflächen oder einen Fahrradweg entlang des Saalbachs. Wir müssen die Ökologie mehr in die Stadt bringen. Darüber hinaus wird eine klimaneutrale Verbindung der Kernstadt mit den Stadtteilen ein wichtiges Thema sein. Von daher wäre es zwar wunderbar, wenn wir den Zuschlag für die Schau erhalten würden, das Konzept, das wir dafür erarbeiten, sollte aber die Richtschnur für die künftige Stadtentwicklung sein. Ich führe schon jetzt viele Gespräche mit Grundstückseigentümern wegen der nötigen Flächen und erhalte da durchaus positive Rückmeldungen. 

Abseits der „Kleinen Landesgartenschau, womit kann sich Bretten Ihrer Meinung nach auch in Zukunft im Gravitationsfeld größerer Städte wie Karlsruhe, Pforzheim und Heilbronn behaupten? Mit welchem eigenen Markenkern sollte es sich positionieren? 

Hervorragende Infrastruktur, Verkehrsanbindungen, Freizeit- und Kultureinrichtungen – das alles auf kleinem Raum und mit kurzen Wegen zu haben, macht Bretten so anziehend. Dazu kommt das Gefühl eines guten Miteinanders, ausgelöst vom Peter-und-Paul-Fest, das macht Brettens Geist und Seele und auch seinen Lebenswert aus. Und wir sind beim Glasfaserausbau bis ins Haus ganz vorne mit dabei, auch bundesweit. Nicht umsonst sind wir – Stichwort Digitalisierung – eine von 50 Zukunftskommunen in Baden-Württemberg. Wir sind natürlich auch Kulturstadt, von Melanchthon bis zum „Sommer im Park“. Und die Heimeligkeit auf unserem von historischen Fachwerkhäusern umgebenen Marktplatz zieht im Sommer und im Winter viele Leute von außerhalb an. 

Die Fragen stellten Christian Schweizer und Chris Heinemann.

Autor:

Kraichgau News aus Bretten

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