Diskussion um Verschiebung der Sperrzeit für Außenbewirtschaftung
Sperrstunde erst um Mitternacht?

Ab 23 Uhr gilt in Bretten die Sperrzeit für die Außenbewirtschaftung. Danach heißt es: Entweder nach Hause gehen oder den Abend im Lokal ausklingen lassen. Foto: hk | Foto: hk
  • Ab 23 Uhr gilt in Bretten die Sperrzeit für die Außenbewirtschaftung. Danach heißt es: Entweder nach Hause gehen oder den Abend im Lokal ausklingen lassen. Foto: hk
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Bretten (hk) „23 Uhr ist nicht gleich 23 Uhr“, sagt Sabine Weishäupl. Die Inhaberin des Hotels Krone am Marktplatz spielt damit auf die momentan gültigen Regeln der Außenbewirtung an. Der Rechtsverordnung der Stadt Bretten zufolge beginnt die Sperrzeit für die Außenbewirtschaftung von Gaststätten um 23 Uhr und endet um 6 Uhr. „Aus Erfahrung weiß ich, dass die Dienstleistung nur in seltenen Fällen um 23 Uhr endet. Erst um Mitternacht und später, am Wochenende sogar manchmal erst gegen zwei Uhr, kehrt Ruhe ein“, sagt sie. Hier fehle es an regelmäßigen Kontrollen, die sie aus anderen Städten kenne. Werde die Nachtruhe nun auf Mitternacht verlegt, befürchte sie, dass es noch später werde, bis Ruhe herrsche. Die Idee für eine Verschiebung der Sperrstunde war in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats aufgekommen und kontrovers diskutiert worden.

„Es muss unbedingt eine stärkere Kontrolle stattfinden“

Weishäupl kann beide Sichtweisen sehr gut nachvollziehen: „Jeder sitzt gerne an lauen Sommerabenden länger draußen.“ Eine Ausdehnung der Außenbewirtschaftung bis Mitternacht sehe sie aber wegen des Ruhebedürfnisses ihrer Hotelgäste und auch der Anwohner eher kritisch. Schon jetzt seien Geschäftsreisende, die am nächsten Tag einen wichtigen Termin hätten oder Ausflügler, die zum Beispiel früh wandern gehen wollten, in ihrer Nachtruhe gestört. So lautet ihre Forderung: „Ohne Kontrolle geht es leider nicht. Es muss unbedingt eine stärkere Kontrolle stattfinden.“
Denn, dass die Außenbewirtung nur bis 23 Uhr erlaubt sei – „das wissen einige Leute gar nicht so richtig“, spricht Weishäupl aus Erfahrung. Es sei schwierig, den Gästen die Sperrzeit glaubhaft zu machen, wenn nicht alle Gastronomen am selben Strang ziehen würden. "Wir achten sehr stark darauf", betont sie. Gäste wüssten aber auch, dass sie woanders länger draußen sitzen könnten. „Wenn es Regeln gibt, dann müssen die auch eingehalten werden – und zwar von allen".

Bußgeld von bis zu 5.000 Euro

Auf Anfrage der Brettener Woche/kraichgau.news erläutert der Leiter des Ordnungsamts Bretten, Simon Bolg, dass es erfreulicherweise im Jahr 2020 coronabedingt zu keinen nennenswerten Verstößen gekommen sei. Anders habe sich die Lage im Jahr zuvor dargestellt, als es zu zahlreichen Beschwerden gekommen sei. Allerdings konnten „in Ermangelung eines Bußgeldtatbestands in der alten Rechtsverordnung aus 2006 diese Verstöße nicht durch Einleiten eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens geahndet werden“, informiert Bolg. Allerdings sei festgestellt worden, dass sich die Beschwerden nahezu auf dieselben Gastwirte bezogen hatten. Das Ordnungsamt habe daher mehrfach auf verwaltungsrechtliche Konsequenzen, insbesondere auf den Widerruf der Außenbewirtschaftungserlaubnis bei wiederkehrenden Sperrzeitverstößen, hingewiesen. „Die Voraussetzungen für einen Erlaubniswiderruf oder ein Gewerbeuntersagungsverfahren lagen bisher aber nicht vor“, so Bolg. Durch die neue Rechtsverordnung vom 30. März 2021, die der Brettener Gemeinderat verabschiedet hat, könnten Verstöße – anders als vorher – nun allerdings mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 Euro geahndet werden.

„Tun alles dafür, dass Ruhe herrscht“

Toni Kluttig, einer der beiden Geschäftsführer des „Saigon“ am Marktplatz in Bretten, plädiert für eine Verkürzung der Sperrzeit, obwohl es auf dem Marktplatz „erfahrungsgemäß sehr laut zugeht. Meistens hält das auch bis 24 Uhr an.“ Nach Ansicht von Kluttig könnte aber ausgerechnet die zusätzliche Stunde dabei helfen, den Lärm, der von der Außenbewirtung am Marktplatz kommt, im Zaum zu halten: So könnten Gäste ohne Eile ihre Getränke austrinken und in Ruhe das Lokal verlassen. „Wir können es nicht verhindern, wenn sich bei uns mehrere Leute Cocktails-To-Go holen und dann an den Brunnen setzen“, berichtet Kluttig. Er könne sich auch eine Verkürzung der Sperrzeit lediglich an Freitagen und Samstagen vorstellen. Finanziell würde es sich für das Lokal – vor allem nach den Umsatzverlusten durch Corona – allemal lohnen, so Kluttig: „Eine zusätzliche Stunde würde uns enorm helfen. Da kann noch einiges passieren.“ Selbst in der halben Stunde vor 23 Uhr würden noch relativ viele Bestellungen eingehen. „Wir tun natürlich alles dafür, dass dann bald Ruhe herrscht“, so Kluttig. Man müsse aber bedenken, dass es eben seine Zeit brauche, bis der Gast bestellt, getrunken, bezahlt und sich verabschiedet habe. Etwa die Hälfte der Gäste würden es bevorzugen, sich dann ab 23 Uhr weiter in den Innenräumen des Lokals aufzuhalten.

Seiner bisherigen Erfahrung nach würde der Lärmpegel auf dem Marktplatz aber zwischen 23.30 und 23.45 Uhr langsam von alleine abebben. Er führt die Bewirtung während der Fußball-Europa-Meisterschaft-Spiele als Beispiel auf: „Auch wenn ein Spiel mal länger ging, waren die Gäste spätestens um 23.45 Uhr weg.“ Die zusätzliche Stunde könnte man dafür nutzen, dass pünktlich um 24 Uhr Ruhe einkehre. Die Gäste des angrenzenden Gästehauses, das ebenso von der Familie Kluttig betrieben wird, wüssten zudem, worauf sie sich am Marktplatz einlassen würden. „Es hat sich noch nie jemand beschwert“, versichert Kluttig.

Ausgehverhalten der jungen Leute berücksichtigen

Auch Miltos Makrygiannis vom Restaurant "Filion" sieht die Vorteile durch eine Verkürzung der Sperrzeit, zum Beispiel mehr Umsatz nach den bisherigen, coronabedingten Schließungen. "Das könnte helfen, den Gastronomen unter die Arme zu greifen", sagt er. Die Gastronomie in der Altstadt könnte angesichts von Touristen davon profitieren, wenn man länger draußen sitzen dürfe. Auch müsste man an das Ausgehverhalten der jungen Leute denken, so Makrygiannis. Vorstellbar wäre zudem, dass sich die Gäste besser in der Altstadt verteilen ließen, wenn alle Außenbewirtschaftungen bis 24 Uhr geöffnet seien.

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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