Geschäfte seit Montag geöffnet / Resonanz der Kunden noch gering
Verhaltener Neubeginn bei Händlern
Bretten (bea) Seit vergangenem Montag dürfen Ladengeschäfte bis 800 Quadratmetern Verkaufsfläche wieder öffnen. Zur dieser Lockerung der Beschränkungen fallen Marion Klemm, der Vorsitzenden des Verein Brettener Unternehmen (VBU) drei Worte ein: "Gott sei Dank". Ihrer Meinung nach wird es höchste Zeit, denn die Geschäfte müssten dringend Umsätze generieren. Schon zu Beginn der Schließungen habe sie nicht nachvollziehen können, warum Baumärkte öffnen dürften und kleinere Einzelhandelsgeschäfte nicht. Lebensmittelgeschäfte hätten „in der Zwischenzeit viele Artikel verkauft, die unsere Händler auch haben, das war nicht gerecht“, so Klemm, und weiter: „Meine ganz große Hoffnung ist, dass der ein oder andere in der Krise erkannt hat, was wir in Bretten haben und in Zukunft nicht online kauft“, so Klemm.
Geschäfte vor Ort unterstützen
Wie eine Geisterstadt habe die Brettener Fußgängerzone über vier Wochen lang ausgesehen, sagt eine 70-jährige Kundin, die namentlich nicht erwähnt werden möchte. Doch: „Ich bin froh, dass ich wieder wo hingehen kann“, sagt sie zur Öffnung der Brettener Innenstadtläden. Jetzt könne man wieder Leute sehen und - wenn auch auf Abstand - einen kurzen Plausch miteinander halten. Dennoch hält sich der Kundenandrang in Fußgängerzone und Geschäften noch stark in Grenzen. So sind auch die Geschäfte von Agathe Pohl und Monika Lawetzki am Montagmorgen nur langsam angelaufen. „Viereinhalb Wochen zu schließen ist eine lange Zeit für kleine Geschäfte“, sagt Pohl. Sie selbst habe jedoch bemerkt, dass die Brettener in der Krisenzeit offener geworden sind. Als sie am vergangenen Samstag in einer Warteschlange am Marktplatz stand, begann sie mit den anderen Wartenden ein Gespräch auf Entfernung. „Bleibt zu hoffen, dass die Leute aufgewacht sind und auch daran denken, dass es vor Ort Geschäfte gibt, die man unterstützen kann“, so Pohl.
Situation hat sich noch einmal verschärft
Diesen Satz kann man in vielen Variationen in fast jedem Geschäft hören: „Jetzt sind wir auf das Bewusstsein der Kunden angewiesen. Jeder Euro, der in einen Online-Laden wandert, hat nicht das Ziel die kleinen Geschäfte vor Ort zu erhalten“, sagt Andreas Drabek, Geschäftsführer des Modehaus Martin. Die Situation sei bereits vor Corona nicht einfach gewesen, doch jetzt habe sich die Situation noch zusätzlich verschärft, erklärt er. Natürlich sei er froh, dass er wieder öffnen könne, da sein in der Zwischenzeit angebotener Lieferservice unterm Strich kein Vergleich zum normalen Geschäftsbetrieb gewesen sei. Dabei erkenne er, so Drabek, die wirtschaftliche Situation der Kunden als weiteres Problem an, doch appelliert der Ladenbesitzer: „Gerade deswegen ist es umso wichtiger, dass der Konsum vor Ort stattfindet“. Mit rollbaren Kleiderstangen will er den direkten Kontakt zum Kunden vermeiden. Zusätzlich hat er entgegen seiner eigentlichen Preispolitik Angebote ausgewiesen, damit die neue Ware, die in Kürze eintreffen wird, auch ihren Platz findet.
Cafés und Gastronomie gebraucht
In das Schmuck- und Trauringstudio von Markus Knodel fanden bisher ebenfalls nur wenige Kunden. „Klar sind wir froh, dass wir wieder öffnen dürfen, aber es ändert nichts daran, dass die Geschäfte nur laufen, wenn auch Cafés und Gastronomie geöffnet haben“, sagt er. Positive Erfahrungen mit Kunden hat Katja Seebach, eine der Sprecherinnen der Interessengemeinschaft Brettener Innenstadt (IGBI), bereits während der Schließung gemacht. In dieser hatte Seebach wöchentliche Konferenzen mit Mitgliedern der IGBI, in denen es um die Entwicklung von Strategien ging, um die Geschäfte am Laufen zu halten. Ein Ergebnis davon war die Gutscheinaktion, mit der Kunden Einzelhandelsgeschäfte in Bretten unterstützen konnten. Darauf habe sie viel positives Feedback erhalten. „Vielen liegt am Herzen, dass Bretten weiterlebt“, sagt Seebach. Trotzdem müsse man nun abwarten, wie die Kunden auf die Öffnung der Geschäfte reagierten.
Keine einheitlichen Öffnungszeiten
Aufgrund der unterschiedlichen Bedürfnisse der Gewerbetreibenden könne man derzeit keine einheitlichen Öffnungszeiten in der Innenstadt anbieten, bedauert sie. Sie selbst muss den Spagat zwischen den Öffnungszeiten des Fachlädle und ihren Kindern meistern, die noch nicht wieder zur Schule gehen könnten, wie sie sagt. Dennoch steht sie der Maskenpflicht, die ab dem kommenden Montag in ganz Baden-Württemberg beim Einkaufen gilt, positiv gegenüber: „Eine Maske zu tragen ist eine Respektsbezeugung gegenüber anderen Menschen, denen man begegnet, denn man trägt sie um diese zu schützen“, sagt Katja Seebach.
Respekt für Kunden
Diesen Respekt bringt auch Heike Böhm ihren Kunden entgegen. In ihrem Geschäft „Formvollendet“ war bereits am Montagmorgen viel zu tun. Am Eingang steht ein Händedesinfektionsmittel für die Kunden bereit und sie selbst empfängt diese mit einer Mund- und Nasenschutzmaske. Bisher konnte sie beobachten, dass ihre Kunden den vorgegebenen Abstand einhielten. In den vergangenen vier Wochen hatte sie Hausbesuche angeboten und vor der Tür gewartet, während ihre Kunden die Ware anprobierten. Über mangelnde Nachfrage kann sich auch Ruth Kloft vom Näh- und Stickzentrum nicht beschweren, die ständig Mundschutz-Nachschub näht. Wer bei ihr keine Maske kauft, kauft Stoff, um sich selbst eine Maske zu nähen, erzählt sie.
Hofft auf zeitnahe Öffnung der Gastronomiebetriebe
„Für die kleinen Geschäfte ist es wichtig aufzumachen“, sagt Ingo Jäger, Gastronom im alten Rathaus. Das sei zwar auch für die Gastronomie wichtig, doch aber über die Vorschriften rege er sich inzwischen nicht mehr auf. „Ich kann ja eh nichts daran ändern“, sagt er. Dabei hofft er, dass er mit halber Bestuhlung, also zu den Regelungen vor der Schließung, ab Mitte Mai wieder öffnen kann. „Ich gehe aber davon aus, dass wir bis Mitte Juni zu haben werden“, sagt Jäger.
Autor:Beatrix Drescher aus Bretten |
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