Omas for Future auch im Sommer aktiv
Was wollen wir essen?

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Was kaufen wir ein?
Eine spanische Gurke ist noch für unter einem Euro zu haben, manchmal weniger.
In diesem Preis ist der Anbau im Gewächshaus, Bewässerung, Düngung, Ernte, Transport usw. eingerechnet. Für wen rechnet sich das? Ein „Landwirt“ im klassischen Sinn kann es nicht sein. Bio-Zitronen im Netz für unter 2 Euro. Wie ist das möglich, wenn sie viele Flugstunden von Argentinien bis zu uns hinter sich haben?
Die Globalisierung im Handel führte zu einer wachsenden Konkurrenz der Anbieter und hatte sinkende Preise für uns zur Folge. Nur noch in Osteuropa sind derzeit die Lebensmittelpreise niedriger als bei uns. Doch das wird sich ändern. Höhere Energiekosten im Anbau und Transport, Wasser-und Düngemittelknappheit. Was sind die wirklichen Preise unserer Lebensmittel? Langfristige Schäden an Boden, Luft und Wasser sind nicht eingepreist.
Immer noch kommt das meiste Gemüse in Deutschlands Supermärkten aus Südspanien. Wer möchte, kann sich im Netz zahlreiche Filme zu den Produktionsbedingungen dort anschauen. Das „Lieferkettengesetz“ soll für faire Bedingungen entlang der ganzen Wertschöpfungskette sorgen. Ob das der Fall ist?
Die Gruppe „Omas for Future Bretten“ unternahm eine Exkursion in den Salzhofen, um ein anderes Einkaufsmodell, die „Solidarische Landwirtschaft“ (SOLAWI) kennenzulernen.
Beate Zonsius betreibt am Salzhofen ihren Landwirtschaftsbetrieb.
Das Wissen ihrer Großeltern und Eltern weiterzugeben liegt der gelernten Gärtnerin und Diplom Ingenieurin, die sich auch als Naturparkführerin engagiert, am Herzen.

Die Grundlage ihrer Arbeit

Die Bodengesundheit hat obersten Stellenwert bei Beate Zonsius.
-Die oberste Erdschicht wird nur leicht bearbeitet, da sich dort die wertvollen Microorganismen befinden, die in verschiedenen Bodentiefen wirken.
-Sie plant für ihre 80 cm breiten Beete eine bestimmte Fruchtfolge.
-Es werden nur samenfeste Sorten verwendet, d.h. nur Pflanzen, bei denen sie selbst ihr Saatgut wieder herstellen kann, wenn sie es möchte. Wer hybrides Saatgut verwendet, muss es immer wieder neu nachkaufen.
-Der Boden ist fast überall gemulcht- mit Stroh! Die Erde trocknet dabei weniger aus. Wenn gegossen wird, hält sich die Feuchtigkeit länger. Das Bodenleben unter dem Stroh ist sehr vielfältig und aktiv. Die Regenwürmer und andere Bodenorganismen lieben das Stroh und zersetzen es im Laufe eines Jahres fast vollständig.

Zahlreiche Tomatensorten

Herrlich viele verschiedene Tomaten werden angebaut:
San Marzano, Cherrytomate, Hellfrucht, Wintertomate, Yellow Submarine, Fleischtomate, Black Cherry, Matina, Amish Pasta….
Viele davon ranken an Sisalschnüren in die Höhe.

Kreative Ideen in den Beeten

Kennen Sie Kiwano? Die auch Horngurke oder Hornmelone genannte Frucht ist ursprünglich in der Kalahariwüste beheimatet und schmeckt wie eine Mischung aus Banane, Passionsfrucht und Limone und- sie gedeiht mittlerweile auch bei Beate Zonsius in Bretten. Sie benötigt wenig Wasser.
Statt ihre Bohnen an den kahlen Bohnenstecken hochranken zu lassen, winden sie sich nun um den flexibleren Mais, liefern ihm Stickstoff und fühlen sich- bis auf die andauernde Trockenheit- sehr wohl dabei. Eigentlich gehört zu diesem Indianerbeet, auch „Die drei Schwestern" genannt, noch direkt am Boden der Kürbisanbau dazu. Die Kürbisblätter beschatten den Boden und schützen ihn vor Erosion. Beate Zonsius verzichtet aus praktischen Gründen auf den Kürbis in diesem Beet, da sich die langen Kürbisranken als Stolperfalle herausgestellt haben.

Was steckt hinter der „Solidarischen Landwirtschaft“?

„Einer für alle, alle für einen“, verkündete einst der Sozialreformer Friedrich Wilhelm Raiffeisen und rief zur Gründung landwirtschaftlicher Einkaufsgenossenschaften auf. Dieser Gedanke verbreitet sich gegenwärtig auch bei der Energiegewinnung (z.B. Bürgerenergiegenossenschaft Kraichgau-beg)
In der Landwirtschaft von Beate Zonsius sieht das folgendermaßen aus:
Die momentan ca. 40 Mitglieder können Anteile „erwerben“. D.h. sie bezahlen für einen Anteil derzeit rund 50 Euro pro Monat und können dafür wöchenlich 1x freitags oder samstags durchschnittlich 2kg Gemüse abholen. Eine größere Familie benötigt mehr Anteile, ein Singlehaushalt kann auch mal einen halben Anteil erwerben. Die „Anteilsnehmer“ können auch auf dem Acker beim Zwiebelstecken, Pikieren, Jäten usw. mithelfen. Wieder mehr Menschen an das Gemüse und seine Pflege heranzubringen, wünscht sie sich die Landwirtin.

Die politische Dimension

Menschen mit geringem Einkommen müssen oft froh über günstige Lebensmittelpreise sein und haben zurecht große Angst vor den kommenden Preissteigerungen. Die Tafeln nehmen Überfluss ab (ein Paradox, denn die Überproduktion an sich ist eine riesige Verschwendung) und verteilen ihn weiter. Die Sozialpolitik ist gefragt, was hier getan werden kann. Schon lange wird ein Grundeinkommen für jeden Menschen gefordert. Zu wissen, woher unsere Nahrung kommt, wie viel Arbeit darin steckt und was sie uns wert sein sollte, könnte ein Bildungsziel sein. Ebenso der Umgang mit Boden, Luft und Wasser.

Wem Nahrung wichtig ist und wer es sich leisten kann, bezahlt oft gern einen etwas höheren Preis, damit die Hilfskräfte fair bezahlt werden können und unsere Böden gesund bleiben. „Saisonal“,„regional“ und „bio“ sind hier die Schlagwörter.

Wird einer Landwirt*in im Zuge der Flurbereinigung zum Beispiel einfach ein anderer Acker zugeteilt, können da buchstäblich Welten dazwischenliegen, je nachdem wie der Boden bearbeitet wurde. Es kann eine sehr lange, unter Umständen jahrzehntelange Pflege des Bodens kaputt gemacht werden und der Ersatz kann ein Stück Ackerland ohne nennenswertes Bodenleben sein.

Deshalb Vorsicht bei „Entschädigungen“ oder „Ausgleichsflurstücken“!

Seit dem Ukrainekrieg lernen wir allmählich wieder wertzuschätzen, dass wir noch viele (Über)Lebensmittel selbst anbauen können.

Ein weiterer Grund unsere Böden zu schützen und nicht für „Wachstum“ zu opfern, zum Beispiel für weiteren Straßenbau.

Tipp!
Zum Energiewendetag am  24.9. sind die Omas for Future von 9-16 Uhr am Weltbrunnen mit einem Quizrad und kniffligen Fragen und originellen Preisen anzutreffen.

Autor:

Cornelia Kühn aus Bretten

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