Interview mit Mignon Kleinbek, Autorin der bekannten Roman-Trilogie „Wintertöchter“
„Liebesgedöns lese ich nicht“
kraichgau.news und die Brettener Woche/Kraichgauer Bote verlosen 1x1 Buchpaket„Wintertöchter“ von Mignon Kleinbek, erschienen im Verlag pinguletta. Beantworten Sie weiter unten einfach folgende Frage: Aus welchem Landkreis stammt die Autorin? Teilnahmeschluss ist am Sonntag, 3. Januar 2021. Die Gewinner*innen werden auf kraichgau.news bekannt gegeben.
Enzkreis (swiz) Die Autorin Mignon Kleinbek stammt aus dem Enzkreis und liebt es zu lesen und zu schreiben. Mit der Trilogie „Wintertöchter“ hat sie sich eine riesige Fangemeinde geschaffen und wurde mit dem Titel „Amazon Kindle Beststeller“ ausgezeichnet. Der erste Teil der Trilogie erscheint bald als Hörbuch. Nun hat sich Tempest Film auch die Filmrechte der Romane aus dem Programm des pinguletta Verlags gesichert. Im Interview mit Redaktionsleiter Christian Schweizer spricht sie unter anderem über den Weg zur Trilogie, ihren liebsten Schreibplatz und die künftigen Buchpläne.
Bei Ihrer Saga „Wintertöchter“ handelt es sich um eine Trilogie aus verzweigten Handlungssträngen, Familiengeschichten und sogar Ausflügen in die Heilkräuter-Kunde und Medizin. Wie behält man als Autorin den Überblick über eine derart komplexe Geschichte?
Ich könnte jetzt antworten, indem die Autorin eine Zettelwirtschaft führt und auf einer Tapetenrolle Zeitstrahle malt. Aber ganz so war es nicht. Die Erzählung ist über Jahre gewachsen. Wenn man eine Figur entwickelt, braucht diese einen Hintergrund, sonst bleibt sie blass. Tatsächlich muss jede Verknüpfung früh anlegt werden, keine darf man aus dem Auge verlieren. Genau das macht eine gute Geschichte aus. In meinem Kopf war immer klar, wo „Wintertöchter“ beginnt, wo sie hinführt und wie sie endet. Anna Hohleitners Leben umfasst drei Generationen: Sie wächst auf und lernt, verliebt sich und erlebt Verlust. Sie tut gute und schlechte Dinge, wie jeder andere auch. Das war ein Ansatz. Dann ist Anna eine Heilkundige, darüber hinaus besitzt sie die Gabe des Schmeckens. Daraus ergab sich der nächste. Und dann hat sie natürlich einen Lebensraum um sich. Menschen aller Couleur und wie wir sie alle kennen: Mutter und Tante, den Stiefvater, die Dorfbewohner, die wegsehen. All das verleiht ihr Profil. Auch wenn die Gabe dem Ganzen einen Touch Mystik verleiht, spielt die Geschichte hart an der Realität. Sie ist fiktiv, könnte aber gerade so geschehen sein. Ich finde, genau das macht den Reiz aus. (Ganz nebenbei – eigentlich sollte aus „Wintertöchter“ nie eine Trilogie werden. Aber wer liest schon einen Tausend-Seiten-Wälzer … Es hat mich Wochen gekostet, das Buch in drei Teile zu trennen und in sich schlüssige Spannungsbögen aufzubauen.)
Warum war es Ihnen ein Bedürfnis, genau diese Trilogie zu schreiben, was hat Sie an diesem Sujet so fasziniert?
Spannend finde ich von jeher Mütter-und-Töchter Beziehungen. Jede Leserin findet sich darin wieder: Weil sie halt erlebt sind. Dann war es mir ein Anliegen darzustellen, wie Missbrauch ein junges Leben verstört, was Verpflichtung und Schweigen auslösen. Außerdem mag ich es, wenn Geschichten düster und melancholisch daher gehen, wie Spannung sich ganz unterschwellig aufbaut. Das ist manchem zu schwer - doch mir gefällt es. Liebesgedöns lese ich nicht und mag es darum auch nicht schreiben.
Treffen Sie Ideen zu einem neuen Buch eigentlich aus heiterem Himmel oder sind das länger andauernde Prozesse?
Eine Geschichte braucht ihre Zeit. Ich fange erst an, wenn die Personen in meinem Kopf klar sind. Wenn ich weiß, wie sie aussehen, wie sie reden und handeln. Zu irgendeinem Zeitpunkt sind sie wahrhaftig. Wenn ich mir gewiss bin, dass sie etwas zu sagen haben, lege ich los.
Die Impulse greife ich aus dem Leben - da braucht es mitunter lediglich ein interessantes Gespräch und mein Kopfkino springt an. Mittlerweile führe ich tatsächlich so eine kleine, orangerote Kladde. Menschen und ihr Erleben interessieren mich. Ich mag es, über Familien zu schreiben und bedaure es sehr, dass die Feldpostbriefe meines Großvaters einer vorschnellen Aufräumaktion zum Opfer gefallen sind. Aus seinen Aufschrieben hätte ich zu gerne das Leben eines blutjungen Küfers rekonstruiert, der in einen Krieg zog und vor Stalingrad sein Leben ließ. Sein erstes Kind – meine Mutter – sah er auf Heimaturlaub, das zweite erlebte er nicht. Solche Begebenheiten und die Menschen dahinter, fixen mich an. Vielleicht, weil sie ein Teil meiner eigenen Geschichte sind.
Gibt es einen Zeitpunkt, an dem Ihnen das Schreiben besonders leichtfällt, an dem die Ideen sprudeln? Braucht es dazu einen bestimmten Ort?
Ich trau mich das fast nicht zu sagen. Tatsächlich hab ich einen bevorzugten Platz. Bei jedem Wetter sitze ich auf meiner sechs Quadratmeter kleinen, wettergeschützten Terrasse. Am liebsten in der Nacht, wenn es ganz still ist. Da passt es, da fließen die Gedanken. Wahrscheinlich ist das so eine Art Feng Shui. Der Mond. Oder einfach nur Magie.
Nun hat sich Tempest Film die Verfilmungsrechte für Ihre Romantrilogie gesichert. Glauben Sie, ein Film kann das widerspiegeln, was Sie in den Romanen ausdrücken wollen?
Ich wünsche es mir. Ganz sicher wird der ein oder andere Handlungsstrang gekürzt werden, vielleicht sogar ganz wegfallen. Damit muss ein Schriftsteller leben können. Meine Arbeit ist getan. Die Umsetzung überlasse ich den Profis - die wollen nämlich einen richtig guten Film machen. Ich bin überzeugt, die „Wintertöchter“ sind bei Tempest Film in besten Händen. Tempest hat großartige Filme auf die Leinwand gebracht, zuletzt „Narziss und Goldmund“. Helge Sasse zeichnet verantwortlich für wunderbare Kinostreifen wie „Der Vorleser“, „Ziemlich beste Freunde“ und „The King’s Speech“. Er hat ein besonderes Gespür für Stoffe, die nicht Mainstream sind. Meine „Wintertöchter-Saga“ befindet sich also in ziemlich bester Gesellschaft.
Um ehrlich zu sein: Es ist irre. Ich bin noch immer ziemlich geflasht.
Wo werden Sie Ihre nächsten literarischen Ideen hinführen oder konkret gefragt: Welche Buchprojekte stehen in der näheren Zukunft an?
Zurzeit arbeite ich an „Baronka. Das verwunschene Haus“, einem modernen Hänsel & Gretel Märchen. Ich wollte immer eine Märchenadaption schreiben. Die macht mir richtig Spaß. Die Novelle soll zur Buchmesse 2021 bei pinguletta Verlag erscheinen. Ein kleiner 250-Seiten-Teaser, in dem ich so richtig böse sein darf. Meine Greta ist vierzehn und pubertär. Rotzfrech und – leider fett. Aber sie ist auch ein bisschen besonders und lehrt der Hexe das Fürchten. Ich bin mächtig gespannt, ob die Leser den Schwenk ins Gänsehaut-Genre mitgehen.
Dann steht eine in sich abgeschlossene Erzählung in der Warteschleife. Die Gabe der Hohleitner Frauen ist zu wertig, um sie in der Schublade liegenzulassen. „Flusskinder“ führt die „Wintertöchter Saga“ in eine nächste Generation. Diesmal spielt der Roman am Neckar, und ist wieder eine Familiengeschichte. Die ersten Kapitel stehen. Meine Vorfahren waren Schiffsleute – der Stoff, der sich daraus auftut, verführerisch. Mehr verrate ich nicht. Ich hoffe, die „Flusskinder“ arten nicht wieder zu einer Trilogie aus.
Autor:Christian Schweizer aus Bretten |
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