Wegen mutmaßlicher Missstände - Betreiber muss schlüssiges Gesamtkonzept vorlegen
Landratsamt schließt Schlachthof in Gärtringen
Böblingen (dpa/lsw) - Nach dem Bekanntwerden von mutmaßlichen Missständen in einem Schlachthof in Gärtringen (Kreis Böblingen) hat das Landratsamt den weiteren Betrieb vorübergehend untersagt. Die Verfügung werde erst wieder aufgehoben, wenn der Betreiber ein schlüssiges Gesamtkonzept vorgelegt habe. Darin solle erklärt werden, wie der Tierschutz sichergestellt werde, teilte das Landratsamt mit. Landrat Roland Bernhard will an diesem Freitag bei einer Pressekonferenz die Gründe für das Vorgehen erläutern.
Wichtige Bedeutung für Metzger und Landwirte der Region
«Wir haben uns diese Entscheidung nicht einfach gemacht, sie bietet aber die Chance für einen Neustart», wurde der Landrat in einer Mitteilung vom späten Donnerstagnachmittag zitiert. Man wisse um die wichtige Bedeutung des Schlachthofes für die Landwirte und Metzger in der Region und sei gerne bereit, einen Neubeginn konstruktiv zu unterstützen. Aber zum Wohl der Tiere müsse so gehandelt werden. Der Verein Soko Tierschutz hatte am Montag Filmmaterial aus dem Schlachthof veröffentlicht, das Tierquälerei belegen soll.
„Fass läuft halt irgendwann über“
Der nach mutmaßlichen Tierschutzverstößen geschlossene Schlachthof in Gärtringen (Kreis Böblingen) ist schon länger im Visier des Landratsamtes gewesen. «Das Fass läuft halt irgendwann über», sagte Landrat Roland Bernhard am Freitag. Bereits seit 2018 wurden dem Betreiber Auflagen im baulichen Bereich und Anordnungen für die Beschäftigten während des Schlachtbetriebs gemacht. Ein großer Teil davon sei nicht umgesetzt worden. Und nachdem der Verein Soko Tierschutz dann am Montag Filmmaterial veröffentlichte, das Tierquälerei belegen soll, untersagte das Landratsamt nun vorläufig den weiteren Schlachtbetrieb.
Erklärung wie Tierschutz sichergestellt wird gefordert
Bernhard sagte, tierschutzrechtliche Bestimmungen müssten eingehalten werden. Die vorläufige Schließung sei kein Schnellschuss. Die Verfügung werde erst wieder aufgehoben, wenn der Betreiber ein schlüssiges Gesamtkonzept vorgelegt habe. Darin solle erklärt werden, wie der Tierschutz sichergestellt werde. Der Tierschutzverein wirft dem Schlachthof unter anderem den Einsatz von Schlägen, Tritten und Elektroschockern sowie eine unprofessionelle Betäubung vor. Das Landratsamt kündigte an, das Filmmaterial auszuwerten, wenn es ihm vorliege. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in dem Fall bereits.
Erste Maßnahmen bereits umgesetzt
Der Landrat warf dem Schlachthofbetreiber Unglaubwürdigkeit vor. Er habe Versprechungen nicht eingehalten. Der Schlachthofbetreiber teilte dagegen mit, die Anordnung zur vorläufigen Schließung erfolge ohne Not oder eine aktuelle Notwendigkeit bezüglich des Tierschutzes. Kurzfristige Maßnahmen wie Schulung des Personals, die Verringerung der Bandgeschwindigkeit oder die Anpassung der Betäubungsfalle für Schweine seien bereits eingeleitet und umgesetzt. Außerdem solle ein Kameraüberwachungssystem und eine neue Betäubungsanlage für Schlachtschweine installiert werden, die alle gesetzlichen Vorgaben erfülle.
Schließung sei richtiger Schritt
Die Landestierschutzbeauftragte, Julia Stubenbord, begrüßte die vorläufige Schließung des Schlachthofs. Ebenso der tierschutzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, Jonas Weber. Dies sei der richtige Schritt, aber so weit hätte es erst gar nicht kommen dürfen. Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) müsse sich fragen lassen, wie die Kontrollmechanismen des Landes derart versagen konnten. «Den Fall darf man nicht einfach zu den Akten legen, er offenbart Schwächen, die wir nicht tolerieren können», sagte Weber.
Runder Tisch für Neustart
Landrat Bernhard will sich mit Metzgern, Bauern und dem Schlachthofbetreiber an einen Tisch setzen, um einen Neustart zu ermöglichen. Die Glaubwürdigkeit müsse zurückgewonnen werden. Anfang 2018 war der Schlachthof in Tauberbischofsheim (Main-Tauber-Kreis) wegen Tierschutzverstößen geschlossen worden.
Autor:Beatrix Drescher aus Bretten |
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