"Totalversagen der Behörden"
Sperrung der B 293 führt zu Verkehrschaos in Wössingen und Dürrenbüchig
Walzbachtal/Bretten (kuna) Ein kleiner Ort versinkt im Verkehrschaos. Seit der Sperrung der B 293 zwischen Bretten und Walzbachtal ist das Verkehrsaufkommen im Walzbachtaler Ortsteil Wössingen drastisch gestiegen. Im regelmäßigen Takt quetschen sich Autos und Lkw durch die engen Straßen des beschaulichen Ortes. Verschärft wird das Problem durch eine parallel stattfindende innerörtliche Baumaßnahme. Denn durch die Arbeiten an einem Kreisel in der Wössinger Straße ist eine Hauptverkehrsader derzeit nicht befahrbar.
Landtagsabgeordneter vor Ort
Bei einem Vor-Ort-Termin mit dem Landtagsabgeordneten Christian Jung (FDP) berichteten einige Anwohner am Montag – nur eine Woche nach der Sperrung der B 293 – von gefährlichen Verkehrsmanövern. Immer wieder komme es vor, dass ortsunkundige Lkw-Fahrer sich in den viel zu engen Straßen von Wössingen verirren und rückwärts wieder herausfahren müssten. Ausgelöst werden solche Situationen in den Augen der Anwohner durch eine mangelnde Umleitungsbeschilderung, wegen der viele Lkw überhaupt erst im Ort landen würden.
Bürgerinitiative: "Totalversagen der Behörden"
Um sich gegen den Verkehr zu wehren, hat sich bereits im März eine Bürgerinitiative (BI) gegründet. Denn das gegenwärtige Verkehrschaos sei bereits seit langem abzusehen gewesen, erklärt die Sprecherin der BI, Anna-Lena Pfund, gegenüber der Brettener Woche/kraichgau.news. Schon im Dezember 2022 sei die Gemeinde Walzbachtal vom Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe von dem Vorhaben, die B 293 zu sanieren, informiert worden. In einem offenen Brief spricht Pfund nun von einem "völligen Totalversagen der Behörden".
4.345 Autos und 141 Lkw an einem Tag
Auch bei dem Vor-Ort-Termin mit Jung wiederholte eine kleine Schar an Anwohnern im Beisein von einigen Vertretern der Walzbachtaler Gemeindeverwaltung und des Gemeinderates ihren Frust. Die Wössinger berichteten von Lärm und Gestank, von Schlafentzug und Verzweiflung. Zur Sprache kam dabei auch eine Verkehrszählung der BI. Am vergangenen Donnerstag wurden demnach innerhalb von 16 Stunden insgesamt 4.345 Autos und 141 Lkw gezählt. Dabei war allen Beteiligten klar: Mit dem Ende der Ferienzeit droht sich diese Situation nur weiter zuzuspitzen.
Schilder schon fertig?
Angesichts der langen Planungszeit herrscht unter den Wössingern Unverständnis darüber, weshalb sowohl die Schilder für den Umleitungsverkehr als auch diejenigen für ein innerörtliches Tempo 20-Limit, das ihnen von der Gemeinde zugesagt worden sei, derzeit noch fehlten. Wie ihm zugetragen worden sei, wären die entsprechenden Schilder schon angefertigt, berichtete Jung am Montag. Seit einer Woche würden sie demnach in der Schilderfabrik in Bruchsal liegen und auf eine Abholung warten. „Wenn das stimmt, ist das krass“, so der FDP-Landtagsabgeordnete. Er sicherte den Wössingern zugleich seine Unterstützung zu und erklärte, dass er eine parlamentarische Initiative starten werde. Durch eine Kleine Anfrage an die Landesregierung und das RP wolle er die Behörden dazu auffordern, das Verkehrschaos in Wössingen schnellstmöglich zu lösen.
Bürgermeister-Stellvertreterin: "Gemeinde nimmt Nöte der Bürger ernst"
Gegen die – zum Teil persönlichen – Vorwürfe der Anwohner wehrte sich dagegen die Bürgermeister-Stellvertreterin und Gemeinderätin Jutta Belstler (CDU). Die Gemeinde würde die Nöte der Bürger sehr ernst nehmen, betonte sie. In internen Besprechungen mit dem RP habe die Verwaltung immer wieder ihre Bedenken wiederholt, zudem habe es mehrere Schreiben an die Präsidentin des RP, Sylvia M. Felder, gegeben. Was das Aufstellen der Schilder im Ort betreffe, liege die Zuständigkeit allerdings nicht bei der Gemeinde, sondern beim Landratsamt. In diesem Zusammenhang berichtete auch CDU-Gemeinderat Tino Villano von seiner Erfahrung mit der Behörde. Denn auf seinen offenen Brief habe er vonseiten des Landratsamtes lediglich die Antwort bekommen, dass "man alles gemacht hat". „Für das Landratsamt ist das Thema also durch“, schlussfolgerte Villano.
Mangelnde Beschilderung führt zu Lkw-Verkehr in Dürrenbüchig
Dass unter der mangelnden Beschilderung aber nicht nur die Anwohner in Wössingen leiden, verdeutlicht der Ortsvorsteher von Dürrenbüchig, Frank Kremser, gegenüber dieser Redaktion. Der Brettener Stadtteil liegt direkt zwischen zwei Großbaustellen: Denn auf der einen Seite des Ortes ist die B 293 in Richtung Walzbachtal gesperrt, auf der anderen Seite wird momentan der Knoten B 293 / B 35 am "Karlsruher Dreieck" saniert. Auch Kremser kritisiert die mangelnde Beschilderung rund um Wössingen, die dazu führe, dass viele Autos und Lkw in Richtung Dürrenbüchig fahren würden, obwohl sie nach Karlsruhe, Bruchsal oder Bretten wollen. „Aus Richtung Königsbach kommend, ist zumindest in Wössingen selbst die Umleitung über Stein nicht offensichtlich und man fährt automatisch in Richtung B 293. Dort kommt man allerdings nur nach Dürrenbüchig, wo insbesondere für Lkw kaum Möglichkeiten bestehen, zu wenden“, berichtet Kremser.
"Hilflosigkeit angesichts der offensichtlichen Untätigkeit"
Die Belastung sei für die Dürrenbüchiger nur sieben Tage nach der Sperrung der B 293 unerträglich geworden, meint der Ortsvorsteher. Auf die Hinweise durch ihn und das Brettener Ordnungsamt, was die Lücken in der Beschilderung angeht, sei das RP bislang nicht tätig geworden. Wie Kremser erklärt, würde er sich eine großflächige Tafel in Wössingen wünschen, die auf die Umleitung über Stein hinweist oder eine Absperrung nach der Ausfahrt zum Zementwerk, sodass der Schwerlastverkehr ausgebremst würde. „Hilflosigkeit macht sich angesichts der offensichtlichen Untätigkeit breit“, schreibt er. Die Bürger in Dürrenbüchig hätten daher bereits selbst Initiative ergriffen und handgemalte Schilder angebracht, um die fehlgeleiteten Fahrer aus ihrem Dorf fernzuhalten. „Leider mit bescheidenem Erfolg“, so Kremser.
Jung will Situation weiterverfolgen
Angesichts der zunehmenden Frustration in Wössingen plädierte Jung gegenüber den Bürgern sowie der Gemeindeverwaltung dafür, weiter am Ball zu bleiben und Druck zu machen. "Jetzt geht es darum, was man in den nächsten fünf bis sieben Tagen umsetzen kann", bekräftigte der Landtagsabgeordnete. Zugleich versicherte er, die Situation weiterzuverfolgen und, sollte sich die Lage weiterhin nicht verbessern, ein persönliches Gespräch mit der Präsidentin des RP zu suchen, Briefe und Mails an die Behörden zu schreiben und in Pressemitteilungen über den aktuellen Stand zu informieren.
Pförtner-Ampel als Lösung?
Zugleich kam dem Landtagsabgeordneten im Austausch mit den Wössingern auch direkt ein Lösungsvorschlag in den Sinn. "Wenn es von der Gemeinde gewollt ist, könnte man eine Pförtner-Ampel installieren", überlegte Jung. Dabei handle es sich um eine Ampel, die eine festgelegte Anzahl an Verkehrsteilnehmern passieren lässt und dann auf Rot stellt. "Mit der Pförtner-Ampel gibt es gute Erfahrungen", erklärte Jung, "man könnte sie zum Beispiel in die Ortseinfahrt aus der Richtung Jöhlingen installieren und dann zu Stoßzeiten einschalten, damit der Ort entlastet wird." Ein Vorteil liege auch darin, dass die Ampel und die durch sie verursachte Verzögerung in den meisten Fällen direkt in den Navigationsgeräten angezeigt werde.
Autor:Kathrin Kuna aus Bretten |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.