Niemand will Ortsreferent werden
Unterschriftensammlung aus Kleinvillars pocht auf Ortschaftsrat
Knittlingen-Kleinvillars (kuna) Im kleinsten Ortsteil von Knittlingen herrscht großer Unmut über eine mangelnde politische Repräsentation. Die Stadtverwaltung plant daher, in Kleinvillars das Modell eines Ortsreferenten einzuführen. In einer Einwohnerversammlung, die am 13. Juli stattfindet, können sich die Interessenten für diese ehrenamtliche Aufgabe vorstellen. Anschließend wird der Ortsreferent durch den Gemeinderat bestimmt. Das Problem: Bislang hat im Knittlinger Rathaus noch niemand sein Interesse an dem Posten bekundet (Stand: 27. Juni).
84 Unterschriften gegen das Modell Ortsreferent
Stattdessen ließ das Thema die Emotionen in der letzten Sitzung des Gemeinderates hochkochen. Werner Wuhrer meldete sich in der Bürgerfragestunde zu Wort und pochte lautstark darauf, dass sich die Kleinvillarser keinen Ortsreferenten, sondern einen Ortschaftsrat wünschen würden. "Wo bleibt die demokratische und öffentliche Auseinandersetzung aller Verantwortlichen? Wo bleibt die Würde der Bürgerinnen und Bürger von Kleinvillars?", fragte er vehement. Dabei verwies er auf eine Unterschriftenliste aus Kleinvillars, die von 84 Personen unterzeichnet wurde. Sie alle lehnen den geplanten Ortsreferenten ab. Um ein ordentliches Bürgerbegehren oder einen Einwohnerantrag handelt es sich dabei aber nicht.
Bürgermeister und Gemeinderat sind für Ortsreferenten
Gegenüber der Brettener Woche/kraichgau.news verteidigt Bürgermeister Alexander Kozel das Modell des Ortsreferenten. Es sei durch den Gemeinderat entschieden worden und das Ergebnis einer "ausgewogenen Entscheidung". Hinsichtlich der Wutrede von Wuhrer meint Kozel: "Ich bedauere, dass das gegenseitige Zuhören und Offensein für andere Argumente von Einzelpersonen mit Absolut-Forderungen erschwert wird."
"Gemeinderat ist Vertretung von allen Knittlingern"
Er erkenne an, dass viele Kleinvillarser sich eine bessere kommunalpolitische Vertretung wünschen würden, so das Stadtoberhaupt weiter. Vor allem, da momentan keine Person aus dem Ortsteil im Gemeinderat vertreten ist. Dennoch vertritt Kozel die Ansicht, dass Kleinvillars auch ohne Ortsreferent oder Ortschaftsrat den restlichen Bürgern von Knittlingen gleichgestellt sei. "Der Gemeinderat ist die Vertretung von allen Knittlingern und nicht nur von einzelnen Stadtteilen", meint er.
Ortsreferent hat nur beratende Funktion
Dennoch könne ein Ortsreferent eine "klare Verbesserung zum jetzigen Status" bringen. Die ehrenamtliche Ansprechperson von Kleinvillars würde dann "im Prinzip die gleichen aktiven Teilnahme- und Rederechte im Gemeinderat haben wie ein Ortsvorsteher", erklärt Kozel. Dennoch: Im Rat würde die Person lediglich eine beratende Funktion einnehmen.
"Ortsreferent ist eine örtliche Notfalleinrichtung"
Wuhrer und seine Mitstreiter sehen sich aus diesem Grund ungleich behandelt. Denn im Ortsteil Freudenstein-Hohenklingen gibt es im Gegensatz zu Kleinvillars einen Ortschaftsrat. Wuhrer meinte daher, dass sich die Bürger des Waldenserdorfes von der momentanen Hauptsatzung diskriminiert und diffamiert fühlen würden. "Ein Ortsreferent ist eine örtliche Notfalleinrichtung und kein politisches Wahlamt", so der Kleinvillarser.
Ortsreferent ist wie Ortsvorsteher ohne Ortschaftsrat
Kozel erklärt dagegen, dass der Ortsreferent im Grunde ein Ortsvorsteher ohne Ortschaftsrat sei. "Der Unterschied zu Freudenstein-Hohenklingen bestünde also 'nur' darin, dass es in Kleinvillars keinen Ortschaftsrat geben würde. Dafür dürfte der Ortsreferent genauso aktiv an den Gemeinderatssitzungen teilnehmen wie ein Ortsvorsteher", so der Bürgermeister. Und weiter: "In Freudenstein-Hohenklingen wurde die Ortschaftsverfassung verbindlich in die Eingliederungsvereinbarung aufgenommen. Für Kleinvillars wurde nichts zu einer Ortschaftsverfassung festgelegt."
Salem oder Bretten als Vorbild nehmen?
Das Knittlinger Rathaus verweist schon seit längerem auf die Gemeinde Salem als mögliches Vorbild für Kleinvillars. Dort stellen alle elf Teilorte einen Ortsreferenten. Wuhrer dagegen meint, dass in Salem durch die Gründungssituation eine gänzlich andere Konstellation als in dem Knittlinger Ortsteil vorherrschen würde. Er verweist stattdessen auf die Stadt Bretten, in der jeder Stadtteil einen Ortschaftsrat hat.
Kozel bezweifelt, dass sich genügend Personen für Ortschaftsrat finden
Angesichts des Unmuts, der in Kleinvillars herrscht, empfindet Kozel es als "merkwürdig", dass bislang noch niemand sein Interesse an dem Posten als Ortsreferent angemeldet hat. Immerhin könne "mit diesem Modell der Wunsch nach einer besseren kommunalpolitischen Vertretung erfüllt werden." Der Bürgermeister bezweifelt angesichts dieser Lage auch, dass sich für einen Ortschaftsrat überhaupt genügend Bewerber melden würden. "Um wenigstens dem Wahlvolk eine gewisse Auswahl für einen Ortschaftsrat zu ermöglichen, müssten sich etwa zehn Personen als Kandidaten aufstellen lassen", erklärt Kozel. "Wenn bisher niemand bereit zu sein scheint, als Ortsreferent tätig zu sein, ist es fragwürdig, ob sich zehn Personen melden, die eine ähnliche Aufgabe als Ortsvorsteher oder im Ortschaftsrat wahrnehmen möchten."
Autor:Kathrin Kuna aus Bretten |
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