Volksantrag gegen Flächenfraß
Landwirte und Naturschützer ziehen an einem Strang
Bretten (ger) In Baden-Württemberg wird täglich eine Fläche von mehr als sechs Hektar für Bauvorhaben wie Neubau- und Industriegebiete oder Infrastrukturmaßnahmen wie Umgehungsstraßen in Anspruch genommen. Dieser Flächenfraß bewirkt jetzt einen Schulterschluss zwischen Landwirten und Naturschützern. Unter der Überschrift „Ländle leben lassen“ bringen insgesamt 19 Umwelt- sowie landwirtschaftliche Verbände und andere Organisationen wie der Landesjäger- und der Landesfischereiverband einen Volksantrag ein.
Unterschreiben dürfen Menschen ab 16 Jahren
Damit sich der Landtag mit dem Antrag befasst, müssen sich ihm 0,5 Prozent der Wahlberechtigten – das sind derzeit 40.000 Menschen ab 16 Jahren – anschließen. Unterschriften dafür sammelt der Nabu zum Beispiel am Wochenende, 17. und 18. Juni, bei der Energie-Wende-Messe in der Stadtparkhalle, sagte der Vorsitzende des Ortsvereins Bretten Norbert Fleischer im Diedelsheimer Gewann „Ob der Straße“ oberhalb der Bundesstraße 35 am so genannten „Karlsruher Dreieck“. Dorthin hatten er und Alexander Kern, stellvertretender Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Karlsruhe und Landwirt auf dem Spitalhof in Diedelsheim, zum Pressetermin geladen.
Regionalplan sieht Industriefläche vor
Hier, wo das Getreide wogt, einzelne Obstbäume Schatten spenden und Vögel singen, könnte sich in naher Zukunft eine Industriefläche über 25 Hektar erstrecken. So sieht es der Regionalplan vor, der vor zwei Jahren vom Gemeinderat mehrheitlich angenommen wurde. Alexander Kern und Tobias Burkhard vom Hühner- und Pferdehof Burkhard befürchten, dass es an der Stelle wie im Industriegebiet Gölshausen ausgehen könnte. Auf der jüngsten Erweiterung, Abschnitt sieben, sollte regionales Kleingewerbe angesiedelt werden, dem Vernehmen nach soll dort nun aber eine 30 Meter hohe, 4,5 Hektar große Halle entstehen. Der zunehmende Starkregen führe zu mehr Überschwemmungen, die bei immer mehr versiegelten Flächen zu immer mehr Schäden führen, so Kern.
"Durchsetzen, was schon im Koalitionsvertrag steht"
„Der Volksantrag möchte nur durchsetzen, was eigentlich schon im Koalitionsvertrag von Grün-Schwarz festgeschrieben ist“, erläuterte Fleischer. Darin stehe, dass der Flächenverbrauch auf höchstens 2,5 Hektar täglich zu beschränken sei. Auch solle laut Landesregierung 15 Prozent der offenen Flächen bis 2030 als Biotopverbund entwickelt werden. „Dazu kommen noch Flächen für Windräder und Solaranlagen, die auch alle als Produktionsfläche für die Landwirtschaft verloren gehen“, verdeutlichte Kern.
"Weizen von Diktatoren"
„Jeden Weizen, den wir hier nicht produzieren, kaufen wir womöglich bei Diktatoren ein“, machte Burkhard auf ein großes Dilemma aufmerksam. „Ist das ethisch vertretbar? Wir müssen doch global denken.“ In Russland zum Beispiel, wo Tundra und Moore für die Landwirtschaft geopfert würden, ernte man nur drei oder vier Tonnen Weizen pro Hektar, wohingegen man bei den guten Böden im Kraichgau acht bis neun Tonnen bekomme. Als intelligente zukunftsweisende Generation, die man sein wolle, sei es doch absurd, dass man alte, überholte Pläne aus der Schublade hole.
Antrag bei Nabu Bretten abgeben
Um die 40.000 Unterschriften zusammen zu bekommen, habe man ein Jahr Zeit. Man sei jedoch zuversichtlich, dass es schneller gehen wird, so Fleischer. Auch Kern zeigte sich angesichts von 38.000 Mitgliedern im Bauernverband optimistisch. Den Antrag kann man auf den Homepages der Verbände sowie unter www.laendle-leben-lassen.de herunterladen und unterschrieben zum Beispiel beim Nabu Bretten abgeben.
Autor:Katrin Gerweck aus Bretten |
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