Dehoim in Eisingen: Mundart-Gedicht von Fritz Mößner
D´Vergesslichkeit

Um lebendig zu bleiben, muss Mundart gepflegt werden. Einer, der sich um die Pflege der Eisinger Mundart verdient gemacht hat, ist Fritz Mößner. Seiner Gedichtsammlung sind die folgenden Reime entnommen.

D´Vergesslichkeit

A großes Übel weit und breit
isch heutzutag d´Vergesslichkeit.
Alte, Jonge send betroffe:
Oftmals lasch die Haustür offe
oder steh´sch im Keller dronne,
denksch: „Was will i denn dahonne?“

Nor gucksch rom: Was hend mir alles?
Grombiere, Äpfel, Zwetschgegsälz.
Oder bisch wege em Moscht ronner komme?
Nor hättsch doch awwer en Krug mitg´nomme!
Kurzum s´geht koi Licht oim uf,
drom steigt mr d´Trepp halt wieder nuf,
bis drobe nor de Grosche fällt:
„Essiggurke häb i gwellt.“

Ond beim Eikaufe emme Lade,
do dät en Zettel gar nix schade!
Also machsch dr schnell e Lischt,
dass d´ a ganz gewiss nix vergisch:
Essig, Öl, Zucker ond Salz
Ond e paar Bonbonle für de Hals.
Margarine, Käs, Butter
ond e Milchschoklad für de Mutter.

Nor noch e Paket mit Törtle
ond a Clopapier für´s Örtle!
Jetzt kann gar nix meh passiere
Ond kannsch z´friede losmarschiere.
Doch wenn´d dren im Lade bisch,
hasch alles bei dr, bloß koi Lischt.
Die hasch halt wieder liegelasse!
Heidenei, do vergeht oim´s spasse!

So möchte mr scho seit etliche Woche,
gern emol en Gulasch koche.
Fett ond Paprika sen do,
ond die Zwiebel hat mer jo.
Doch mr muss vegetarisch esse,
denn mr hat jo´s Fleisch vergesse!

Jo, so passiere oim alleweil Sache,
do kann mr z´letscht nemmeh drüber lache.
A d´Babette hat´s ganz arg verwischt,
dass se scho ganz verzwirkelt isch.
Mann, sagt se, dem mach i e´End,
bevor mir voll danebe send.
I hab en de Zeitung g´lese,
mr müsst blos feschte Knoblauch esse.
Jeden Tag e kloine Zeh,
des stinkt zwar arg, doch tut´s net weh!
Ond gleich verzählt se´s alle Leut,
dass´s jetzt zum Kaffee Knoblauch geit.

So ogfär 14 Dag send rom.
Do kommt d´Babett zum Bäcker nomm,
wo d´Lena gleich von weitem schreit:
„Wie wirkt der Knoblauch? Bisch jetzt gscheit?
Wie geht´s denn jetzt dir ond deim Alte?
Könnt dr d`Sach jetzt besser b´halte?“

Druff di Babett sagt: „Mr send ganz g´schlage,
über d´Wirkung könne mr no nix sage.“
Kauft henn mr glei en halbe Zentner,
dass´s gwiss langt über de Winter.
Doch henn mr noh die gleiche Sorge,
denn mr vergesse de Knoblauch alle Morge!

Aus: Fritz Mößner, Gedanken in Worten eines Eisingers, Selbstverlag, 2008.

Mehr lesen Sie auf unserer Themenseite Dehoim

Autor:

Chris Heinemann aus Bretten

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