Erneute Demonstration der Landwirte gegen die Stellungnahme der Stadt Bretten zum Regionalplan angekündigt
"Beim Hochwasser in Bretten waren wir gerne gesehen"
Bretten (bea) Es ist eine Krux: Menschen brauchen Flächen, um Häuser - in denen sie wohnen - und Firmengebäude - in denen sie arbeiten - zu errichten, doch gleichzeitig brauchen die Landwirte diese Flächen, um Nahrungsmittel - auch für die Menschen, die in der Stadt leben - anzubauen. So dreht sich in Bretten die Diskussion um die Stellungnahme der Stadt bezüglich des Regionalplans des Regionalverbands weiter im Kreis. Über diese sollen die Brettener Stadträte in der Gemeinderatssitzung am morgigen Dienstag entscheiden.
"Wir kämpfen bis zum Schluss"
In der Stellungnahme der Stadt sollte bislang eine 88 Hektar große Gewerbefläche am Karlsruher Dreieck ausgewiesen werden. Doch dagegen wollen sich mehrere Brettener Landwirte wehren und "bis zum Schluss" dagegen kämpfen, sagt Landwirt Alexander Kern vom Diedelsheimer Spitalhof. Daher plant er mit seinen Kollegen eine Stunde vor Beginn der anstehenden Gemeinderatssitzung um 18 Uhr mit Traktoren vor dem Rathaus in Bretten vorzufahren. So wollen die Landwirte ihrer Forderung nach einem geringeren Landverbrauch Nachdruck verleihen, sagt Kern. Zwar hätten die Landwirte mit den Fraktionen des Gemeinderats gesprochen, um ihre Position darzulegen, doch gebe es unterschiedliche Stimmen. "Einige Räte stehen hinter den Landwirten, einige sind unentschieden und einzelne Personen stehen voll hinter der Stellungnahme der Verwaltung", sagt Kern. Daher könne auch er nicht sagen, wie das Ergebnis der Abstimmung morgen Abend lauten werde.
Karlsruher Dreieck sei keine Option sondern ein Muss
Zwei Worte könne er nach den vielen Diskussionen inzwischen nicht mehr hören: Option und Mittelzentrum. Vielmehr sei es eine Falschinformation der Verwaltung, dass das derzeitige Grün- und Ackerland am Karlsruher Dreieck lediglich eine Option sei. Vielmehr verhalte es sich so, dass die Fläche "Bretten Nord" aus dem Plan herausfalle, da der Regionalverband diese laut Information der Verwaltung eigentlich schon ausgeschlossen hat (Anm.d.Red.). Weiterhin dauere es zu lange, bis die Gewerbefläche in Rinklingen erschlossen sei. "Daher muss das Karlsruher Dreieck kommen und zwar schnell", schlussfolgert Kern.
"Beim Hochwasser in Bretten waren wir gerne gesehen."
"Wenn die Verwaltung das von Anfang an ehrlich kommuniziert hätte, würde ich jetzt mit dem Frontlader Schutt in Rheinland-Pfalz aufladen und dort aufräumen helfen", sagt der Landwirt. Rund 30 Schlepper von Landwirten aus Baden-Württemberg seien in Rheinland-Pfalz unterwegs. Auch Kern wäre gerne dabei gewesen, musste jedoch aufgrund der erwarteten Rückkehr der Schlepper erst am Mittwoch, Abstand von seinem Wunsch nehmen. "Die Sitzung des Gemeinderats ist wichtiger." Dennoch sei es "Wahnsinn, was da abgeht." In den Sozialen Medien gebe es Posts des Technischen Hilfswerks, das froh über die Hilfe der Landwirte und ihren Maschinen sei. "Da sind die Landwirte recht, auch beim Hochwasser in Bretten waren wir gerne gesehen." Von Seiten der Verwaltung setze sich aber niemand für die Landwirte ein, sagt Kern. Davon sei er sehr enttäuscht, auch wenn er oft zu hören bekomme, dass die Belange der Landwirte verständlich seien.
"Da zählt die Natur und der Klimawandel nichts mehr"
Vielmehr sei ihm gesagt worden, dass auf den 100 Hektar, die ein Landwirt zum Überleben brauche, weitaus mehr Arbeitsplätze angesiedelt werden könnten. "Da zählt die Natur und der Klimawandel nichts mehr." Dabei habe man doch in Rheinland-Pfalz die Auswirkungen von Starkregen zu spüren bekommen. Im selben Atemzug versiegele man dann aber auch noch weitere Flächen. "Das ist nicht nachvollziehbar." Denn alle seien dafür verantwortlich. Auch sei ihm schon unterstellt worden, dass die Landwirte den Grünen hinterherlaufen würden. Fakt sei, dass landwirtschaftliche Betriebe wachsen würden, dafür gebe es immer weniger.
Das Essen der Menschen soll vor Ort produziert werden
Wichtig sei ihm, dass das Essen der Menschen vor Ort produziert würde. "Doch das Argument wird unter den Tisch gekehrt." Als widersprüchlich sehe er zudem die Aussagen des Brettener Bürgermeisters Michael Nöltner und des Oberbürgermeisters Martin Wolf an. Nöltner habe in der vergangenen Sitzung des Gemeinderats gesagt, dass am Karlsruher Dreieck einerseits eine Gewerbefläche von rund 25 Hektar ausreichen würde. Im Nachhinein hatte Wolff in einer Pressemitteilung erklärt, dass die in Rinklingen geplante Gewerbefläche, die laut Kern eine Fläche von 60 Hektar umfasse, als zu klein erachtet werde (wir berichteten).
Zukünftigen Generationen sollen Entwicklungsmöglichkeiten offenstehen
Wolff hatte bereits am vergangenen Dienstag Stellung zu einem Gespräch mit Landwirt Kern genommen. Man habe ein sehr sachliches und zukunftsorientiertes Gespräch geführt und darin verdeutlicht, was der Regionalplan für die Stadt bedeute. Nur so könne sich die Stadt entwickeln. Ebenfalls habe man im Gespräch heruntergebrochen, welche Flächen größenmäßig umsetzbar seien. Das wolle man auch mit den Stadträten erörtern. Dazu gehöre auch die Überlegung der flächenmäßigen Begrenzung des geplanten Gewerbegebiets am Karlsruher Dreieck. Man sollte auch den zukünftigen Generationen eine Entwicklungsmöglichkeit offenlassen. Während früher eine Fläche von zehn Hektar ausgereicht habe, um zwei Familien zu ernähren, bedürfe es heute einer Fläche von 100 Hektar, um die eigene Familie und andere zu ernähren. Doch ein Gewerbegebiet von 100 Hektar ernähre weitaus mehr Familien. "Das muss man sich vor Augen führen", so Wolff.
Jetzt müssen Optionen geschaffen werden, später kann über Nutzung der Flächen bestimmt werden
Auch sei man im Süden Deutschlands nicht als Landwirtschaftsfläche, sondern als hochtechnisierte Region bekannt. Da müsse man sich fragen, ob es woanders besser wäre, Landwirtschaft zu betreiben. Da in Bretten die Gewerbesteuer rückläufig sei, müsse man eben zusehen, dass man weitere Einnahmen erhalte und weitere Gewerbe ansiedele. So könne man sich auch entsprechende Infrastrukturprojekte in Bretten leisten. Dazu komme, dass in Baden-Württemberg allein 88.000 Wohnungen fehlten. Jetzt gelte es Optionen zu schaffen, im Flächennutzungsplan könne man Farbe bekennen und abwägen, wie groß Flächen sein sollten. "Ich habe Verständnis für die Sorge der Landwirte, dass die Option umgesetzt wird, aber wir werden in der Gemeinderatssitzung Vorschläge machen, was wir umsetzen können. Wir gehen auf die Landwirte zu und schlagen einen maßvollen und akzeptablen Kompromiss vor", so Wolff.
Gewerbegebiet könnte bis 150 Hektar ausgedehnt werden
Ein Hoffnungsschimmer bleibt dem Diedelsheimer Landwirt: "Beim Regionalverband wird das Problem am Karlsruher Dreieck gesehen: es gibt keine natürliche Grenze mehr, keine Straße oder kein Wald, die ein dortiges Gewerbegebiet begrenzen würde." So könnte das Gewerbegebiet bis 150 Hektar ausgedehnt werden. "Und das wird auch passieren, wenn der OB einmal in den Verhandlungen ist", mutmaßt Kern. Die Ausweisung eines kleinen Gewerbegebiets am Karlsruher Dreieck sei für ihn somit lediglich der erste Schritt in die falsche Richtung.
Autor:Beatrix Drescher aus Bretten |
2 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.