Ende der Ausstellung "Klimaflucht" in Bretten
"Bewusstsein für den Klimaschutz schaffen"

Foto: C. Kühn, G. Junge
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Draußen auf den Pflastersteinen vor dem Rathaus: ein 30 Meter langer Klimazeitstrahl mit der Klimaentwicklung von 1850 bis 2100. An mehreren Infoständen präsentieren sich Umwelt- und Eine-Welt-Initiativen.

Drinnen im Rathausfoyer treffen sich alle zur Finissage der Ausstellung "Klimaflucht - Warum Menschen vor dem Klima fliehen" der Deutschen Klimastiftung.


Klimaschutzmanager Andreas Hintz über die Brettener Klimaschutzstrategie


Andreas Hintz, Klimaschutzmanager der Stadt Bretten, setzt den Schlussakkord. Ihm gelingt es in seiner Präsentation überzeugend, die erdgeschichtliche Dimension der Klimaentwicklung mit der Klimastrategie der Stadt Bretten in der Jetztzeit zu verknüpfen. Während das Klima unseres Planeten seit fast einer Million Jahren mit einigen Schwankungen relativ stabil war und sich der CO2 Gehalt in der Atmosphäre immer zwischen 180 und 280 ppm (parts per million) bewegte, stieg er erst durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe seit 150 Jahren auf heute 420 ppm. Dieses CO2 wird 1.000 Jahre in der Erdatmosphäre bleiben. Die Folgen sind längst für alle sichtbar: Die Dürreintensität hat genauso wie die Zahl der Überschwemmungen enorm zugenommen. Was das für Menschen in den besonders betroffenen Erdteilen bedeutet, erleben wir alle mit.

Die Folgen der Erderwärmung kommen zu den Verursachern zurück

Aus Binnenflüchtlingen nach Ernteausfällen und Hungersnöten werden Fluchtbewegungen in Nachbarländer und schließlich ins reiche Europa. Europa gehört zu den Hauptverursachern der Klimakrise, unter der am meisten die Länder zu leiden haben, die am wenigsten zur Erderwärmung beitragen. Aber auch hier sind die Folgen bereits für jeden spürbar. Baden-Württemberg hat das Ziel der Begrenzung der Erderwärmung auf durchschnittlich 1,5 Grad aus dem Pariser Klimaabkommen von 2015 bereits überschritten. Die Dringlichkeit des Handelns für Klimaschutz einerseits und Klimaanpassung andererseits liegt auf der Hand. Hintz zeichnet die Geschichte der Brettener Klimaschutzmaßnahmen seit 1994 bis heute nach. Jahr für Jahr nahm die Zahl der beschlossenen Maßnahmen an Fahrt auf. Heute gibt es eine Klimaschutzstrategie, deren Umsetzung und Wirkung durch den European Energy Award (EEA) 2027 überprüft wird. Laut Hintz setzt die Stadt Bretten auf drei "Pferde", um bis 2035 "zeozweifrei" zu werden: Tiefengeothermie, Photovoltaik und Windenergie. Er schließt seinen Vortrag mit der Botschaft, dass Klimaschutz heute teuer sei, aber versäumter Klimaschutz später noch teurer werde.

Hilfe von den "Omas": das CO2-Sparbuch

Eine Diskussion entwickelt sich nach der Aussage, dass der CO2-Fußabdruck eines Bretteners oder einer Brettenerin pro Jahr 8,4 Tonnen betrage – verträglich für Mensch und Umwelt sei aber ein Wert unter einer Tonne. Ein Zuhörer wünscht sich, dass die Stadt einen Fahrplan ausarbeiten solle, durch welches Verhalten der Einzelne seinen Fußabdruck verringern könne. Nach einigem Hin und Her kommt Hilfe von den Omas for Future. Der Mann bekommt ein "CO2-Sparbuch" überreicht. Erleichterung beim Klimaschutzmanager, dass er das nicht auch noch managen muss.

Bürgermeister Nöltner sieht die Ausstellung als vollen Erfolg

Bürgermeister Michael Nöltner, seinerseits bekannt für sein Engagement im Bereich Energiewende und Klimaschutz, hatte zuvor die Anwesenden begrüßt und den Verlauf der elfwöchigen Ausstellung mit den frappierend echt aussehenden Figuren im Rathausfoyer und mehreren Begleitveranstaltungen als "vollen Erfolg" bezeichnet. Dabei dankte er ausdrücklich dem Internationalen Freundeskreis (DAF) und dem NABU Bretten, vertreten durch die jeweiligen Vorsitzenden Gerhard Junge-Lampart und Norbert Fleischer, für ihre Initiative, die dann zusammen mit dem Kulturamt der Stadt in die Tat umgesetzt wurde. Dabei vergaß er nicht, die wertvolle Förderung durch die Partnerschaft für Demokratie im Landkreis Karlsruhe im Bundesprogramm "Demokratie leben" hervorzuheben. Die Ausstellung habe laut Nöltner ein breites Publikum angesprochen, wenn man allein die Zahl der Schulklassen gesehen habe. Es sei wichtig, Bewusstsein für Klimaschutz zu schaffen und dann zum Handeln überzugehen.

Guter Ausstellungsbesuch und zahlreiche Begleitvorträge

Bevor die Besucherinnen und Besucher zu Getränken und den Infoständen eilen, dankte DAF-Vorsitzender Junge-Lampart noch der Stadt Bretten für die effektive Organisation. Namentlich hob er Anne Hardt vom Kulturamt und Hannah Breitinger vom Edith-Stein-Gymnasium für ihre viele Arbeit und die verlässliche Zusammenarbeit hervor. Er sprach von mehr als 400 Schülerinnen und Schülern, die im Laufe der elf Wochen die Ausstellung besucht hätten, dazu eine Pfadfindergruppe und mehrere angemeldete Besuchergruppen. Eine davon habe nach dem Ausstellungsbesuch gleich noch eine Wanderung mit NABU-Streuobstexperte Wolfgang Roeder gebucht bis zum Streuobstparadies des NABU in Gölshausen mit vielen Informationen zur Artenvielfalt.

Klimagerechtigkeit bedeutet Änderung unserer schädlichen Wirtschaftspolitik

Das Schlagwort Klimagerechtigkeit zog sich wie ein roter Faden durch alle Begleitveranstaltungen. An der Max-Planck-Realschule war Klimabotschafter Nestor Ndonyageje zu Gast, der vor 90 Neuntklässlern von seinem Heimatland Burundi erzählte. Im Edith-Stein-Gymnasium konzentrierte sich die Geologin Lineth Contreras aus Kolumbien in einer öffentlichen Abendveranstaltung und vormittags bei einem Vortrag vor 100 Achtklässlern auf die Auswirkungen des Klimawandels und der menschlichen Landnutzung im Amazonas-Regenwald. Im vhs-Vortragssaal berichtete Georg Hoffmann, Nachhaltigkeitsmanager bei Ritter Sport, von den Anstrengungen des Familienunternehmens zur Erreichung der Klimaneutralität zu Hause und in den Kakao-Erzeugerländern, wo in Ghana wie in Nicaragua ökologische Anbaumethoden und soziale Arbeitsbedingungen forciert werden. Agrarexpertin Nina Alff stellte den Zusammenhang zwischen der schädlichen EU-Agrarpolitik und der Klimakrise in Westafrika her. Fluchtbewegungen nach Europa seien eindeutig auf unsere Wirtschaftsweise zurückzuführen.

Örtliche Initiativen aus Bretten und Knittlingen präsentieren sich

Draußen vor der Rathaustür gingen die Diskussionen und der Austausch weiter. "Hatua - der Laden" von Evelyne Teschner-Klug in Knittlingen stellte seine Zusammenarbeit mit der Nähschule Pamoja auf Zanzibar vor und präsentierte seine Mode- und Lebensmittel-Produkte. Das Edith-Stein-Gymnasium war mit seiner Tansania AG vertreten, die über den Verein Friends of Education in Tansania e.V. mit der Vorsitzenden Heike Elsässer ein Bildungsprojekt in Tansania unterstützt. Angeschlossen war die Textilwerkstatt "tu was" unter Leitung von Roswitha Frey, die seit Jahren mit pfiffigen und nützlichen Haushalts- und Alltagsprodukten auf Verkaufsmärkten unterwegs ist, um vom Erlös das Tansania-Projekt zu unterstützen.
Ergänzend lieferten die Ortsgruppen von Omas for Future, des NABU-Arbeitskreises Klimaschutz und des DAF - Internationalen Freundeskreises Informationen zu ihren Aktivitäten, zum Verbraucherverhalten und zum Thema Klimawandel und Klimaflucht.

Autor:

Gerhard Junge aus Bretten

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