„Eine schwierige Entscheidung“
Der Gemeinderat stimmt am 18. Mai über den Bau der Lärmschutzwand in Ruit ab
Bretten (bea) Der Streit um den Bau der Lärmschutzwand im Brettener Stadtteil Ruit ging am Montag in eine weitere Runde. Im Kern der Geschichte stehen sich der Blick auf eine idyllische und grüne Landschaft, schlechtere Lichtverhältnisse für direkte Anwohner des Bahndamms und der Schutz vor Lärm durch fahrende Bahnen und Güterzüge für Anwohner der gegenüberliegenden Hangseite des Ortes gegenüber.
Optische Abkapselung vom Ort
Auf Initiative von direkten Anwohnern hatte sich Ortsvorsteher und Stadtrat Aaron Treut um ein Vor-Ort-Gespräch mit Stadträten, Verwaltungsspitze und Vertretern der Deutschen Bahn (DB) bemüht. Acht Räte von sechs Fraktionen erschienen und stellten sich der teilweise heftigen und lautstarken Diskussion mit Ruiter Anwohnern auf dem Kirchplatz. Dabei hatte das Treffen an der Bahnunterführung sehr ruhig begonnen. Dort sprachen Anwohner der zehn Haushalte, die westlich der Bahnunterführung wohnen, von einer optischen Abkapselung vom restlichen Ort sowie von Feinstaubbelastung und Sichtbeeinträchtigungen durch die geplante Wand. Bereits vor der Begehung hatte Treut eine Befragung aller 609 Haushalte in Ruit veranlasst (wir berichteten). An dieser hatten 290 Haushalte teilgenommen. Rund zehn Prozent von diesen hatten dabei eine neu-trale Stellung bezogen, etwa 48 Prozent sprachen sich gegen den Bau der Lärmschutzwand aus, gut 41 Prozent dafür.
Nur ein Drittel der Züge wird künftig leiser fahren
An den Lärm durch die Züge hätten sich die Anwohner bereits gewöhnt, erklärte ein West-Ruiter. Dabei sei es absehbar, dass die Züge bald noch leiser fahren würden – Stichwort Flüsterbremse der Deutschen Bahn. Doch DB-Projektmanager Hasan Ilhan erinnerte daran, dass lediglich ein Drittel der auf der Strecke fahrenden Züge im Besitz der Bahn seien. Ein weiteres Drittel seien Züge aus dem Ausland und der Rest in der Hand privater Anbieter. Diese Züge würden in der Regel nicht umgerüstet. Dem wiederum hielt Stadtrat Hermann Fülberth (Aufbruch Bretten) entgegen, dass die an der Bauschlotter Straße bergauf fahrenden Fahrzeuge weitaus lauter seien, als die vorbeifahrenden Stadtbahnen. Die Autos würden zusätzlich gerade noch langsam fahren und der Lärmpegel im Vergleich zu dem sonst üblichen, daher noch gering sein, ergänzte ein Anwohner.
Lichteinbuße für Wohnräume und Nutzgärten
Unterhalb des Bahndamms befürchten die Anlieger derweil schlechtere Lichtverhältnisse in ihren Wohnräumen und Nutzgärten. In einen von diesen Gärten führte Treut die Gruppe während der Begehung. Dort wurde deutlich, dass die direkten Anwohner zwar keine starke Lärmbelastung durch vorbeifahrende Bahnen und Züge ertragen müssen, jedoch Lichteinbußen durch eine mögliche Lärmschutzwand erleiden könnten. Aus diesem Grund hatte sich der Ausschuss Stadtentwicklung und Verkehr mit dem Kompromiss befasst, die obere Hälfte der Lärmschutzwand mit Plexiglas auszuführen, erklärte Treut. Ilhan bestätigte diese Möglichkeit und erklärte, dass die transparenten Elemente aber nicht genau so schallabsorbierend seien, wie die hochabsorbierenden Komplettwände. Es gebe jedoch auch die Möglichkeit, passive Maßnahmen wie Schallschutzfenster oder eine Rollladendämmung in den Häusern einzubauen.
"Irgendwann ist daher die Durchsichtigkeit nicht mehr gegeben"
Die Erfahrung habe gezeigt, dass die transparenten Elemente von Lärmschutzwänden nicht gereinigt würden und somit der Flugrost, der sich beim Bremsen der Züge löse und sich an den Lärmschutzwänden absetze, zu einer Verfärbung der Elemente führe. "Irgendwann ist daher die Durchsichtigkeit nicht mehr gegeben", so Ilhan. Der Feinstaub, der durch die Sogwirkung des vorbeifahrenden Zuges entstehe, würde vermehrt auf die Westseite des Bahndamms verteilt, befürchtete ein Anwohner. Dies sei nicht der Fall, sagte Ilhan, und gab seine langjährige Erfahrung als Referenz an. Würde die an dieser Stelle wahlweise zwei oder drei Meter hohe Wand nicht gebaut, hätte das allerdings auch baurechtliche Konsequenzen, gab die stellvertretende Bauamtsleiterin Cornelia Hausner zu bedenken. So könnte es möglich sein, dass einige Bauvorhaben nicht realisiert werden dürften, da die Baubestimmungen für den Lärmschutz dann sehr hoch angesetzt werden müssten.
Kosten-Nutzen-Verhältnis ist in Ruit gegeben
Für den Lärmschutz sprach sich hingegen Bürgermeister Michael Nöltner aus: "Wenn wir den Bau der Lärmschutzwand jetzt ablehnen, ist das Thema durch und wir können nicht in fünf Jahren kommen und sagen, dass wir doch gerne eine Lärmschutzwand an dieser Stelle hätten". Auch Stadtrat Martin Knecht (CDU) betonte, dass die Anwohner im Wohngebiet Wanne in Bretten froh wären, wenn sie eine Lärmschutzwand bekommen würden. Dort sei eine Realisierung aufgrund eines nicht gegebenen Kosten-Nutzen-Verhältnisses jedoch nicht möglich. Neutral verhielt sich hingegen Ortsvorsteher Treut, der daran erinnerte, dass alle Ruiter eine Dorfgemeinschaft bilden würden und für diese ein Kompromiss gefunden werden müsse. Der Ortschaftsrat habe sich in dieser Frage bislang ebenfalls neutral verhalten. Auch sei noch nicht klar, welche Empfehlung dieser dem Gemeinderat für die Abstimmung am kommenden Dienstag, an dem das Thema auf der Tagesordnung steht, mitgeben werde.
"Demokratische Entscheidung akzeptieren"
"Egal, wie die Entscheidung ausfällt, sie wird immer falsch und richtig sein", bilanzierte Bürgermeister Michael Nöltner. Gleichzeitig bat er die Bürger darum, die demokratische Entscheidung des Gemeinderats zu akzeptieren. „Eine schwierige Entscheidung“, befand auch Ute Kratzmeier (Grüne) nach der Diskussionsrunde. Sie werde den Bau der Lärmschutzwand in Ruit mit ihren Fraktionsmitgliedern besprechen. Die fehlende Kritik für die Lärmschutzwand in Diedelsheim erklärt sie sich im Übrigen mit dem eher städtischen Charakter des Stadtteils im Vergleich zum grünen Tal in Ruit.
Autor:Beatrix Drescher aus Bretten |
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