Sonderausstellung im Schweizer Hof wird bis zum 6. Januar 2022 verlängert
Brettener Textilgeschichte(n): von Brettens Schafen
Bretten (kn) Noch bis in das 19. Jahrhundert betrieb die Stadt Bretten eine ausgedehnte Schafhaltung, teilt Museumsleiterin Linda Obhof vom Stadtmuseum Bretten in einer Pressemitteilung mit. Zu kurpfälzischer Zeit sei die Oberamtsstadt verpflichtet gewesen, stets 750 Schafe bereitzuhalten und dem zuständigen Schäfer eine Unterkunft zu stellen. Dieser Verpflichtung sei die Stadt auch nach dem großen Stadtbrand von 1689 nachgekommen, indem die Stallungen wieder auf ihren Fundamenten errichtet wurden. Als Lohn hätten die Schäfer vorrangig Korn von den Bürgern der Stadt erhalten.
Limitierte Anzahl an Schafen in Bretten
Eine Aufgabe des Schäfers war es, „ein eigen Buch über die Schaf“ zu führen, so Obhof. Überdies war er dazu verpflichtet, jährlich vier Pfingstlämmer an die Stadt zu übergeben. Die Anzahl der Schafe war stark limitiert, um die Felder zwar düngen zu können, die genutzten Weiden und Brachen aber nicht zu stark zu beanspruchen. Diese von einem städtischen Schäfer gehütete Herde setzte sich aus Schafen der Herrschaft, der Bürger sowie eigenen Tieren des Schäfers zusammen. Die in der Region übliche Dreifelderwirtschaft sah vor, dass stets eine Brache vorhanden war, die als Weide genutzt wurde.
Tradition des Schäferlaufs vom Peter-und-Paul-Fest
Änderungen in diesem System sorgten ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts vermehrt für Unmut von Seiten der Schäferzunft. Aufgrund der großen Anzahl vorhandener Schafe in Bretten sowie in den umliegenden Orten richtete die badische Verwaltung im Jahr 1823 einen neuen Schaf- und Wollmarkt ein. Die Schäferordnung von 1634 sowie die alte Tradition, den überregionalen Schäfertag am Laurentiustag, dem 10. August, zu begehen, zeugen von Wurzeln, die wahrscheinlich bis in das Spätmittelalter reichen. Aus dieser Tradition entstammt der bis heute praktizierte Schäferlauf, der jährlich beim Peter-und-Paul-Fest stattfindet.
Einweisung in die Nutzung eines Spinnrockens
Aufgrund der positiven Resonanz wird die Sonderausstellung Textilgeschichte(n) im Schweizer Hof bis zum 6. Januar 2022 verlängert. Die Ausstellung soll den Besucherinnen und Besuchern die Geschichte der Textilien, aber auch die damit in Verbindung stehende Verantwortung in unserer Zeit aufzeigen, die durch die sogenannte "Fast Fashion" vor große ökologische Herausforderungen gestellt wird.
Im November findet im Begleitprogramm des Stadtmuseums Bretten ein Workshop passend zur aktuellen Sonderausstellung statt: Obhof weist die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die Technik und Geschichte des Handspinnen und in die Nutzung eines Spinnrockens ein. Bei der Nutzung einer Handspindel handelt es sich um die älteste Form des Spinnens von Garnen unter Zuhilfenahme eines Werkzeuges. Diese setzte sich aus einem ursprünglich hölzernen Schaft in Stabform und einem aufgesteckten Spinnwirtel zusammen.
Nutzung von Handspindeln im sechsten vorchristlichen Jahrhundert belegt
Durch die manuell ausgelöste Rotationsbewegung dreht sich der Stab samt dem Wirtel als Gewicht weiter und verzwirnt dadurch die Fasern. Je nach Faser und angestrebter Stärke des zu verzwirnenden Garns kann der Wirtel aus unterschiedlichen Materialien und in unterschiedlicher Größe gefertigt sein. Die frühesten Wirtel waren aus Ton, später auch aus Knochen, Stein, Glas und Holz. In Europa ist die Nutzung von Handspindeln spätestens seit dem sechsten vorchristlichen Jahrtausend durch archäologische Funde in Achilleion, Griechenland, belegt. Zur Weiterverarbeitung werden häufig zwei gesponnene Garnstränge gegenläufig miteinander verzwirnt.
Handspinn-Kurs soll im Gerberhaus stattfinden
Die Handspindel verlor mit dem Aufkommen des Spinnrades ab dem ausgehenden Spätmittelalter an Bedeutung, doch ihre Verwendung geriet nie gänzlich in Vergessenheit und wird seit den 1970er Jahren wiederentdeckt! Heute gibt es wieder Spinnstuben und Netzwerke über die sozialen Medien, in denen sich Spinn-Begeisterte aus der ganzen Welt austauschen. Der Kurs findet an einem noch nicht festgelegten Termin im Gerberhaus statt. Interessierte können sich per Email an schweizerhof@bret-ten.de anmelden und gemeinsam mit der Kursleiterin nach einem geeigneten Termin suchen.
Öffnungszeiten der Sonderausstellung Textilgeschichte(n):
Mittwoch 15-19 Uhr; Samstag, Sonntag und Feiertage 11-17 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Autor:Kraichgau News aus Bretten |
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