Kurzarbeit und Homeoffice verändern Mobilität / Neue Studie zu Corona zeigt Unterschiede nach Einkommen und zwischen Regionen
„Mit mehr Homeoffice könnten Pendlerwege und Verkehrsstaus reduziert werden“

Stuttgart (kn) Die Menschen in Baden-Württemberg haben während des Corona-Shut-Downs ungefähr einen Weg pro Tag weniger zurückgelegt. Somit ist die zurückgelegte Entfernung insgesamt um ein Viertel gesunken. Dies ergibt der Vergleich von Mai/Juni 2020 mit den Zahlen aus der Haushaltsbefragung „Mobilität in Deutschland (MiD)“ für Mai/Juni 2017 in Baden-Württemberg.

Durch Homeoffice können Pendelwege vermieden werden

Die Studie MOBICOR differenziere diese Aussagen auf der Basis von Telefoninterviews nach Stadt und Land, wirtschaftlichem Status sowie für Menschen in Kurzarbeit, Homeoffice oder unveränderten Arbeits- und Ausbildungssituationen, teilt das Land Baden-Württemberg mit. „Wir haben durch diese Befragung ein besseres Verständnis für die Hintergründe von Fahrgast- und Fahrzeugzählungen erhalten. Damit lassen sich Entwicklungen einfacher erklären und Maßnahmen noch gezielter gestalten. Mit unseren Rettungsschirmen für ÖPNV, Bustouristik und Carsharing sind wir schon jetzt auf dem richtigen Weg. Bei den Themen Homeoffice und mobiles Arbeiten wird geprüft, wie Pendelwege vermieden und verlagert werden können“, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann.

Mehr Autos und Fahrräder genutzt

Die zurückgelegten Personenkilometer seien im Mai/Juni 2020 im Vergleich zu 2017 um fast 50 Prozent zurückgegangen. Dabei seien Auto und Fahrrad stärker genutzt und mehr Wege zu Fuß zurückgelegt worden. Robert Follmer, der zuständige Gutachter vom Institut für angewandte Sozialwissenschaft (infas), weise darauf hin, dass die verstärkte Nutzung und der weitere Ausbau des öffentlichen Verkehrs für ein Gelingen der Verkehrswende und zur Verringerung der CO2-Emissionen weiterhin notwendig blieben. Dies sei für lebenswerte Orte, die Teilhabe von finanziell schwächer gestellten Menschen und für gleichwertige Lebensverhältnisse in der Stadt und auf dem Land nötig.

Differenz zwischen höherem und niedrigem ökononischen Haushaltsstatus

In Stadtregionen von Baden-Württemberg arbeiteten 32 Prozent der Befragten im Homeoffice, das seien elf Prozent mehr als in den ländlichen Regionen. Zudem sei die Arbeit von zu Hause aus ein Privileg der Berufstätigen mit höherem ökonomischen Haushaltsstatus. 47 Prozent von ihnen gaben an, ganz oder teilweise zu Hause zu arbeiten. Bei einem eher niedrigen ökonomischen Haushaltsstatus sinke der Anteil auf 20 Prozent. Viele Tätigkeiten in diesem Bereich gehörten zum Dienstleistungssektor oder zum Gesundheitswesen und könnten nicht ins Homeoffice verlegt werden, z.B. Alten- oder Krankenpflege, Arbeit im Einzelhandel oder in Verkehrs-unternehmen.

Auto als Alternative zum ÖPNV

Der Autoverkehr sei im Mai/Juni 2020 bereits wieder bei 80 Prozent seines vorherigen Niveaus angekommen. 36 Prozent der Befragten gaben an, das Auto als Alternative zum öffentlichen Verkehr zu nutzen, 19 Prozent der Befragten stiegen vom ÖPNV auf das Fahrrad um. Infas vermute, dass mit zunehmender Rückkehr aus dem Homeoffice die Autonutzung weiter zunehmen werde. Gleichzeitig könnten sich aber auch die positiven Erfahrungen mit dem Fahrrad oder mit Fußwegen als Routinen verfestigen. Hierzu würden die Zahlen einer zweiten Erhebungswelle im Herbst 2020 mehr Klarheit schaffen.

Ergänzende Information:
Das Institut für angewandte Sozialwissenschaft (infas) führt im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gemeinsam mit dem Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) und anderen Instituten ein Forschungsprojekt zu Mobilität in Zeiten der Corona-Pandemie und Erkenntnissen für die Mobilitätswende („MOBICOR“) durch. Ein wesentlicher Bestandteil sind repräsentative Befragungen zum Verkehrsverhalten in und nach der Corona-Pandemie. Wie Bayern und Hessen hat auch das Verkehrsministerium Baden-Württemberg eine regionale Vertiefungsstudie beauftragt, um repräsentative Erkenntnisse speziell für Baden-Württemberg zu erhalten. In der ersten Erhebungswelle wurden vom 19. Mai bis zum 20. Juni 2020 in Baden-Württemberg 1.218 Personen ab 16 Jahren befragt. Die zweite Erhebung ist für den Herbst 2020, die dritte für das Frühjahr 2021 geplant.

Autor:

Beatrix Drescher aus Bretten

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