Der Jugend eine Stimme geben
Walzbachtal nimmt am „Jugend entscheidet“-Programm teil

Timur Özcan, der Bürgermeister von Walzbachtal  | Foto: Gemeinde Walzbachtal
  • Timur Özcan, der Bürgermeister von Walzbachtal
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Walzbachtal (kuna) In Walzbachtal sollen junge Menschen stärker in die Politik eingebunden werden. Bürgermeister Timur Özcan (SPD) sieht das als dringend notwendig an: „Jugendliche haben oft das Gefühl, zu wenig in der Politik gehört zu werden.“ Um dem entgegenzuwirken, beteiligt sich die 10.000-Einwohner-Gemeinde am Programm „Jugend entscheidet“ der Hertie-Stiftung. Ziel ist es, dass Jugendliche in einem demokratischen Prozess ein eigenes Projekt entwickeln und umsetzen – ganz nach ihren Vorstellungen.

Gemeinde bewirbt sich mit Kurzvideo

Um an dem Programm, das von erfahrenen Experten der Stiftung aus Frankfurt begleitet wird, teilnehmen zu können, musste sich die Gemeinde bewerben. „Wir haben erkannt, dass es wichtig ist, die Jugend zu beteiligen und nach einer entsprechenden Möglichkeit gesucht“, erklärt Özcan. Bei einer Recherche stieß er auf die Hertie-Stiftung, die junge Menschen für Politik begeistern möchte. Ein Bewerbungsvideo sicherte Walzbachtal schließlich einen der begehrten zehn Plätze unter mehr als 100 Kommunen. „Das ist ein ganz tolles Ergebnis“, freut sich der Bürgermeister.

Programm noch in der Anfangsphase

Derzeit befindet sich das Programm in Walzbachtal noch in der Anfangsphase. Im November will die Gemeinde mit Thementagen starten, bei denen die Jugendlichen ihre Ideen einbringen können. Teilnehmen dürfen junge Menschen zwischen zwölf und 17 Jahren – insgesamt 561 Walzbachtalerinnen und Walzbachtaler.

Bürgermeister will Jugendliche persönlich ansprechen

Um die Jugendlichen zu erreichen, plant Özcan eine persönliche Ansprache per Brief. Zusätzlich soll das Programm über das Amtsblatt, das bereits bestehende Jugendforum und die Social Media-Kanäle der Gemeinde beworben werden. Die sozialen Medien spielen für den Bürgermeister eine wichtige Rolle: „Jugendliche trauen sich dort eher, Fragen zu stellen – sie würden nie einen telefonischen Termin ausmachen“, so Özcan.

Projekt soll 2025 realisiert werden

Was die Jugendlichen konkret umsetzen möchten, sei noch offen, erklärt Özcan. Das Ziel des Programms sei weniger das fertige Projekt, sondern der demokratische Weg dorthin. „Man mag unterschiedliche Ziele haben“, so der Bürgermeister, „aber am Ende kommt es darauf an, einen Konsens, eine gemeinsame Lösung, zu finden." Das ausgewählte Projekt soll dann 2025 im Haushalt der Gemeinde berücksichtigt und realisiert werden.

Erfahrungen aus anderen Kommunen, die bereits am Programm teilgenommen haben, zeigen: Die Wünsche der Jugendlichen sind vielfältig – von Basketballplätzen bis zu neuen Toiletten im Schulgebäude. „Aber auch kleinere Projekte, wie die Wandfarbe im Klassenraum zu ändern oder andere Mülleimer aufzustellen, gab es bereits“, verdeutlicht der Bürgermeister.

Jugendbeteiligung strukturell verankern

Erklärtes Ziel der Hertie-Stiftung ist es, die Jugendbeteiligung in den Kommunen strukturell zu verankern. Özcan erklärt das folgendermaßen: Es müsse eine gewisse Regelmäßigkeit bei der Jugendbeteiligung geben und Prozesse, die junge Menschen automatisch mitdenken.

In Walzbachtal geschieht dies bereits mit verschiedenen Formaten: Jedes Jahr besucht die Grundschule die Verwaltung zu einer Rathausführung mit dem Bürgermeister. Im Sitzungssaal spielen die Kinder dann eine Gemeinderatssitzung nach und bekommen dabei verschiedene Rollen – von Bürgermeister, Amtsleiter bis zum Gemeinderatsmitglied – zugeteilt.

Walzbachtal will Beteiligung effizienter und regelmäßiger gestalten

Özcan verweist auch auf das Jugendforum, das mittlerweile fest etabliert ist. Einmal im Jahr kommt die Verwaltung mit jungen Menschen ins Gespräch, dort können sie ihre Wünsche äußern. Gemeinsam mit der Hertie-Stiftung könnte die Jugendbeteiligung in Walzbachtal aber noch effizienter gestaltet sowie fester und regelmäßiger etabliert werden, wünscht sich Özcan.

"Die Jugendlichen sehen: Es bewegt sich etwas"

Insgesamt sieht der Bürgermeister seine Gemeinde bereits als jugendfreundlich: „Vor allem in der Freizeitgestaltung und Jugendbeteiligung haben wir viel erreicht.“ Ein Beispiel sei der Bike-Park in Jöhlingen, der auf Wunsch der Jugendlichen entstanden ist. Das Angebot wurde später um einen Basketballplatz, einen Calisthenics-Park, einen kleinen Fußballplatz und eine Sportbox erweitert. „Die Jugendlichen sehen: Es bewegt sich etwas“, freut sich der Bürgermeister.

Jugend schaut besorgt auf die Zukunft

Dieses Verständnis für Kommunalpolitik ist für Özcan von zentraler Bedeutung. Immerhin mache er bei der Jugend große Sorgen aus, ganz generell was die Zukunftsperspektive betrifft, aber auch bei konkreten Themen wie die Sicherheit der Arbeitsplätze, bezahlbarer Wohnraum oder Chancengleichheit. Aber: Der bundesweite Trend, dass junge Menschen sich verstärkt rechten und/oder extremistischen Parteien zuwenden, widerspreche seiner Erfahrung, bekräftigt Özcan.

"Junge Wähler bevorzugen progressive Parteien"

„Junge Wähler bevorzugen progressive Parteien“, konstatiert er. Zwar gebe es für Walzbachtal keine konkrete Statistik, wie Erstwähler abgestimmt haben. Der Eindruck des Bürgermeisters ist aber, dass vor allem Themen wie Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit bei jungen Menschen hoch in Kurs stehen. Auch bei Projekten wie Baumpflanzaktionen oder beim Bauen von Hochbeeten würden junge Menschen gerne mit anpacken.

Autor:

Kathrin Kuna aus Bretten

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