Landtagsabgeordnete besuchen Brettener Altstadt
Von erfolgreichen Rettungen und schmerzhaften Bausünden
Bretten (kuna) „Man fühlt sich direkt erhaben“, stellte die Grünen-Landtagsabgeordnete Barbara Saebel mit Blick auf die pittoresken Fachwerkhäuser des Brettener Marktplatzes fest. Gemeinsam mit Parteikollegin Andrea Schwarz, ebenfalls Mitglied des Landtages, war sie der Einladung der Initiative Altstadtrettung Bretten gefolgt, um das frisch eingeweihte Altstadtmodell vor dem Alten Rathaus zu besichtigen. Gekommen waren auch einige Stadträte der Grünen, die Fachkundiges über die Altstadt zu berichten wussten, aber auch ihren Ärger über so manche Bausünden zum Ausdruck brachten.
"Wenn die Kirche weg wäre, würde ein wichtiger Teil fehlen"
Am bronzenen Altstadtmodell stach Saebel, die im Landtag als Fraktionssprecherin für Denkmalschutz und Kulturerbe tätig ist, direkt der Turm der Stiftskirche als „erhabener Mittelpunkt“ ins Auge. „Wenn die Kirche weg wäre, würde ein wichtiger Teil der Stadt fehlen“, konstatierte sie und berichtete von der bedeutsamen Aufgabe, dass zum Erhalt solcher Bauten „die Kirchengemeinde mit der politischen Gemeinde zusammenkommt.“ Das Gemeindehaus der evangelischen Stiftskirche werde momentan grundsaniert, berichtete Grünen-Stadtrat Otto Mansdörfer erfreut. Sie stamme aus dem Mittelalter und sei die älteste Kirche in Bretten. Die Kreuzkirche, eine zweite evangelische Kirche in unmittelbarer Nähe, sei dagegen im Barockstil gestaltet.
"Für das Stadtjubiläum hat man angefangen, die Altstadt abzureißen"
Ein weiteres Detail, das Saebel begeisterte, war die vermeintlich erhaltene Stadtmauer. Diese würde heute nicht mehr existieren, korrigierte Rainer Dosch, der zweite Vorsitzende der Altstadtrettung Bretten, schnell. Vielmehr wurde die Mauer nachträglich ins Modell eingefügt und kennzeichne den Bereich der Altstadt, den die Altstadtretter durch eine Erhaltungssatzung schützen möchten. Die Stadtmauer sei seit den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts abgetragen worden, ergänzte Mansdörfer. Er verwies auch auf eine besonders denkwürdige Vorgehensweise der Stadt Bretten: So wurden anlässlich des 1200-jährigen Stadtjubiläums im Jahr 1967 die Gebäude auf der Sporgasse abgerissen, um Platz für ein großes Festzelt zu schaffen. „Für das Stadtjubiläum hat man also angefangen, die Altstadt abzureißen“, resümierte Mansdörfer.
Mehr für Denkmäler werben
Mit ihrem Ärger über die Abrisse in der Melanchthonstadt rannten die Altstadtretter bei den Landtagsabgeordneten offene Türen ein. Auch aus Sicht von Saebel liegt in Sachen Denkmalschutz noch einiges im Argen. So würde es zwar Unterstützung für Investoren geben, die bei der Wiederherstellung eines denkmalgeschützten Gebäudes Mehraufwand leisten müssen. „Aber nur, wenn man Glück hat, der Antrag rechtzeitig gestellt wurde und noch Geld im Fördertopf ist“, so die Landtagsabgeordnete. Es sei ihr daher ein Anliegen, mehr für Denkmäler und deren Erhaltung zu werben. Über das Engagement des noch jungen Vereins der Altstadtrettung zeigte sie sich tief beeindruckt.
Sanierung durch Investor
Bei einem anschließendem Rundgang sprangen den Denkmalschützern direkt so einige Gebäude der Altstadt ins Auge, darunter das Böckle-Haus, das derzeit saniert wird. „Das Böckle-Haus sollte abgerissen werden, damit die Autos besser um die Kurve kommen“, ärgerte sich Dosch. Mansdörfer erinnerte daran, dass das Gebäude auf Initiative der Grünen von altem Müll befreit wurde, damit es durch das Landesdenkmalamt besichtigt werden konnte. Dabei wurde allerdings festgestellt, dass es kein Kulturdenkmal ist. Durch ein Investoren-Duo sei es dennoch vor dem Abriss bewahrt worden.
Mangelnde Kenntnisse von Architekten
Um ein historisches Gebäude zu sanieren, stehen Eigentümer laut Saebel vor vielen Schwierigkeiten. Ein wesentliches Problem sah sie darin, dass nur wenige Architekten im Umgang mit Altbauten geschult seien. Zudem sei es problematisch, wenn Investoren die Bauten rein wirtschaftlich betrachten würden. Ein solcher Ansatz sei bei Kulturdenkmalen nicht sinnvoll, fand die Landtagsabgeordnete.
Leerstand mitten in der Altstadt
Dass eine Sanierung durch private Eigentümer dennoch möglich ist, beweisen die Fachwerkhäuser entlang der Mönchhofgasse und der Pfluggasse. In der Lammgasse verflog die Begeisterung beim Anblick eines leerstehenden Grundstückes jedoch schnell wieder. Mitten in der Altstadt erstreckt sich dort eine große verwucherte Wiese, auf der sich einst ein landwirtschaftliches Anwesen befand. "Das ist das klassische Beispiel, was passiert, wenn es keine Erhaltungssatzung gibt", erklärte Mansdörfer verärgert. Seit das Grundstück privat aufgekauft und die historischen Bauten abgerissen wurden, herrsche seit Jahren „absoluter Stillstand“, so der Stadtrat. Mit einer Erhaltungssatzung wollen die Altstadtretter und die Grünen verhindern, dass es in Zukunft weitere solcher Abbrüche inmitten der Melanchthonstadt gibt.
Autor:Kathrin Kuna aus Bretten |
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