Staatsanwaltschaft zum Oberderdinger Mordprozess: „Mord verjährt nicht“
Trotz Freispruchs des Angeklagten im Oberderdinger Mordprozess kann das Verfahren zu einem späteren Zeitpunkt theoretisch erneut aufgerollt werden. Das hat die Staatsanwaltschaft Karlsruhe auf Nachfrage bestätigt.
KARLSRUHE/OBERDERDINGEN (ch) Nach dem Freispruch im Mordprozess gegen einen 24-jährigen Altenpflegeschüler aus Oberderdingen prüft die Anklagebehörde, ob sie gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe Revision einlegt.
Bei Revision prüft BGH Rechtsfehler
Dafür hat die Staatsanwaltschaft eine Woche ab Urteilsbegründung Zeit. Sollte sie sich für eine Revision entscheiden, würde die nächsthöhere Instanz, in diesem Fall der Bundesgerichtshof (BGH), das Urteil des Landgerichts Karlsruhe auf Rechtsfehler überprüfen, wie der Leiter der Staatsanwaltschaft Karlsruhe, Leitender Oberstaatsanwalt Jürgen Gremmelmaier, auf Nachfrage erläutert. Käme der BGH zur Ansicht, dass das Urteil fehlerhaft ist, kann es aufgehoben und der Fall an eine andere Strafkammer des Landgerichts Karlsruhe zurückverwiesen werden. Diese müsste dann das Verfahren neu aufrollen.
Verbot der doppelten Strafverfolgung
Legen jedoch Staatsanwaltschaft oder Nebenklage-Vertretung binnen einer Woche keine Revision ein, wird das Urteil rechtskräftig. Nach dem Rechtsgrundsatz "ne bis in idem - nicht zweimal in derselben Sache" darf ein Angeklagter auch bei rechtskräftigem Freispruch nicht wegen derselben Sache erneut der Strafverfolgung ausgesetzt werden. Auf die Frage, ob dann ein Mord wie in diesem Fall geschehen, eventuell ungesühnt bliebe, antwortet Gremmelmaier: „Nicht unbedingt.“ Es komme immer wieder vor, dass zu späteren Zeitpunkten neue Verdachtsmomente auftauchen. „Mord verjährt nicht“, gibt der Leiter der Karlsruher Staatsanwaltschaft zu bedenken.
Enge Grenzen für Wiederaufnahme eines Verfahrens
Allerdings brauche seine Behörde immer einen Anfangsverdacht. Dann werde geprüft, ob dieser Anfangsverdacht „hinreichend“ sei, um erneut Anklage, aber dann gegen eine andere Person, zu erheben. „Hinreichend“ bedeute, ob eine „überwiegende Verurteilungswahrscheinlichkeit“ bestehe, was wiederum vom zuständigen Gericht geprüft wird. Teilt das Gericht die Ansicht der Staatsanwaltschaft, wird der Fall zur Hauptverhandlung zugelassen, wie im vorliegenden Fall bereits geschehen. Käme das Gericht zu einer anderen Auffassung und ließe den Fall nicht zur Hauptverhandlung zu, könnte dagegen die Staatsanwaltschaft Beschwerde beim Oberlandesgericht einlegen.
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Autor:Chris Heinemann aus Bretten |
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