Der Gemeinderat in Bretten folgte dem Vorschlag der Verwaltung und stimmte für ein kleineres Gewerbegebiet
Große Mehrheit für städtische Pläne

Am Karlsruher Dreieck – hier der Blick aus Richtung Gondelsheim nach Diedelsheim – soll ein 25 Hektar großer Streifen Land zum Industriegebiet werden. bea
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  • Am Karlsruher Dreieck – hier der Blick aus Richtung Gondelsheim nach Diedelsheim – soll ein 25 Hektar großer Streifen Land zum Industriegebiet werden. bea
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Bretten (bea) Mit einer großen Mehrheit von 18 Ja-Stimmen hat der Gemeinderat der Stellungnahme der Stadt Bretten zum Regionalplan zugestimmt. Diese sieht nun nicht mehr die ursprünglich vorgeschlagene Erweiterung der Siedlungsfläche von insgesamt 204 Hektar im Stadtgebiet vor, sondern wurde von der Verwaltung in einer "Kompromisslösung" auf 129 Hektar reduziert.

Die Stadt fordert 35 Hektar mehr Siedlungsfläche als vom Regionalverband vorgesehen

Eigentlich habe der Regionalverband eine Flächenerweiterung von 94,7 Hektar vorgesehen, erklärte Michael Oechsner vom Amt Stadtentwicklung und Baurecht. Davon seien 47,3 Hektar für Wohn- und 41,9 Hektar für Gewerbebebauung vorgesehen. Weitere 5,5 Hektar seien einer Sondernutzung vorbehalten. Der Entwurf der Stadt sieht nun 56,6 Hektar für Wohn- und 66,3 Hektar für Gewerbebebauung sowie sieben Hektar für die Sondernutzung vor. Gleichzeitig gab Oechsner einen Überblick über die Flächennutzung des Regionalplans von 2003. Von den damals vorgesehenen 157,1 Hektar Fläche seien 142,8 Hektar im Flächennutzungsplan dargestellt und 135,2 Hektar in Bebauungsplänen umgesetzt worden. Laut Präsentation seien damit zwei Drittel der im Regionalplan 2003 vorgesehenen Wohnbebauung und fast die gesamte Gewerbefläche umgesetzt worden. Die zahlreichen Bedenken von Bürgern und Vertretern des Naturschutzbundes (Nabu), die ihre Einwände zuvor in der Einwohnersprechstunde vorgebracht hatten, stimmten die Räte indes nicht um.

Landwirte fordern weniger Landverbrauch durch Siedlungsfläche im Regionalplan

Allen voran hatte Landwirt Alexander Kern aus Diedelsheim das Wort ergriffen. Eine Katastrophe wie die in der Pfalz könne es auch in Bretten geben. „Doch uns ist das wohl egal.“ Dagegen helfe nur eine Reduzierung von neuer versiegelter Siedlungsfläche, wie sie nun im Regionalplan vorgesehen werde. Im Namen der Landwirte forderte er daher das Gebiet Pfarräcker in Ruit sowie das Gewerbegebiet Karlsruher Dreieck nicht nur zu reduzieren, sondern zu streichen und die Größe des Gewerbegebiets in Rinklingen zu minimieren. Wolff entgegnete, dass die Räte das Interesse der gesamten Bevölkerung betrachten müssten.

Der Klimawandel ist in Bretten angekommen

Auf die vielen Landschaftsfunktionen, die mit der Versiegelung der großen Gewerbeflächen aufgegeben werden müssten, verwies Norbert Fleischer, Vorsitzender des Nabu Bretten. Auch in Bretten sei der Klimawandel angekommen, nun könne man eine Verschlimmerung nur durch weniger Flächenversiegelung verhindern, argumentierte er. Lieber sollte man Wasser, das bei Starkregen anfalle, durch eine permanente Bodenbedeckung, Blühstreifen, Hecken und weniger Maisanbau im Boden halten, als die Fläche zu versiegeln. „Wir fordern ein artenreiches Offenland.“ Fleischer rief ebenfalls dazu auf, die Gewerbeflächen am Karlsruher Dreieck und in Rinklingen im Rahmen des ohnehin angedachten Biotopverbunds für Artenvielfalt und die Landwirtschaft zu erhalten. „Wir müssen von einem ewigen Primaten der Ökonomie hin zur Nachhaltigkeit und dem Einklang von Ökologie und Ökonomie kommen.“

Regionalverband muss Pläne wohl ein zweites Mal offenlegen

Ob die Stadträte "Tabukriterien" wie Grundwasserneubildung, Kaltluftabfluss, landschaftsprägende Elemente, FFH-Mähwiesen, Wildtierkorridore und weitere Faktoren bei ihrer Entscheidung über die Fläche am Karlsruher Dreieck berücksichtigten, wollte Thomas Peschel aus Rinklingen wissen. Diese, so erklärte der Direktor des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein, Gerd Hager, später, seien lediglich Kriterien, die zwar als wichtiger Belang bei der Argumentation gegen die Beanspruchung des Lands sprächen, jedoch keine Ausschlusskriterien darstellten. Auch sei der Regionalverband wohl zu einer zweiten Offenlage gezwungen und werde in einem Jahr erneut in die Diskussion mit den Gemeinderäten einsteigen. Bislang seien rund 170 sehr umfangreiche Stellungnahmen beim Regionalverband eingegangen. In der gesamten Region sei ein Flächenverbrauch von 60 Hektar pro Jahr geplant. In Deutschland liege dieser bei 30 Hektar pro Jahr. Insgesamt ergebe sich für die Region Mittlerer Oberrhein über die kommenden 20 Jahre ein Flächenverbrauch von insgesamt 1.200 Hektar neuer Flächen, zusätzlich würden 700 Hektar aus dem vergangenen Regionalplan übernommen.

Bürgerin beschwert sich über "arroganten Ton" von Oberbürgermeister Martin Wolff

Als Befürworter der Siedlungserweiterung hatte sich zuvor Patrick Manako ausgesprochen, da es in Bretten fast keine Bauplätze auf dem Markt gebe. Wenn die Verwaltung mit der Planung nicht nachkomme, könnten auf der Katzhälde auch keine neuen Bauplätze entstehen, sagte auch der Diedelsheimer Ortschaftsrat Harald Müller. Dort gehe es um Grunderwerb und Wasserrückhaltung, entgegnete der OB. Der Rinklinger Ortschaftsrat Lars Vollmer verwies darauf, dass den Bürgern die Natur nicht egal sei und dies auch eine Petition zum Regionalplan zeige. Schließlich beschwerte sich Silke Sauter-Becker über den "arroganten Ton" des OB gegenüber den vorsprechenden Bürgern. Es würde keine großflächige Urbanisierung stattfinden, argumentierte Bernd Neuschl (CDU) in seiner Stellungnahme. Eine Kommune, die sich primär durch Gewerbe finanziere, tue gut daran, Optionsflächen offenzuhalten.

Fehlende Leitvisionen, offene Gestaltungsmöglichkeiten und das Plädoyer eines Landwirts

Zwar spreche sich seine Fraktion für eine moderate Entwicklung aus, eine Vergrößerung von 129 Hektar sei jedoch nicht als solche zu bezeichnen, betonte dagegen Otto Mansdörfer (Grüne). Des Weiteren lehne die Fraktion das Karlsruher Dreieck ab, denn sobald die Erschließung begonnen habe, gebe es kein Halten mehr, das habe man in Gölshausen beobachten können. Auch könnte das Gewerbegebiet auf Gondelsheimer Seite munter weitergebaut werden. Bernd Diernberger (FWV) sprach von einer "am Bedarf vorbei konzipierten" Vorlage. Das Karlsruher Dreieck sei der beste Standort, konterte Jörg Biermann (die aktiven) und Birgit Halgato (SPD) sprach von einem nicht in Stein gemeißelten Zukunftspapier. Eine fehlende Leitvision für Brettens Zukunft bemängelte Jan Elskamp (FDP) und Ariane Maaß (parteilos) wollte sich die durch den Regionalplan offenen Gestaltungsmöglichkeiten nicht nehmen lassen. "Der Ortschaftsrat hat sich einstimmig gegen das Karlsruher Dreieck ausgesprochen. Ich bitte die Gemeinderäte: lehnen Sie die Vorlage ab", sagte der Diedelsheimer Ortsvorsteher Martin Kern. Mit dem Vorwand Klimaerwärmung werde versucht, die Entwicklung von Bretten zu unterdrücken, sagte dagegen Hermann Fülberth (Aufbruch).

Autor:

Beatrix Drescher aus Bretten

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