Fünf Bundestagskandidaten nehmen an einer Podiumsdiskussion von Initiativkreis Kraichgau und Nabu Bretten teil
„Dem Klimawandel jetzt entgegentreten“

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Bretten (bea) Wenig konkrete Vorschläge für Maßnahmen gegen den Klimawandel, kein gesellschaftliches Konzept und gleichzeitig eine große Herausforderung bei der Reduktion der Klimagase – das waren die Gründe, die Volker Behrens vom Initiativkreis Energie Kraichgau und Norbert Fleischer vom Nabu Bretten dazu bewogen haben, die Direktkandidaten zur Bundestagswahl, deren Parteien bereits im Bundestag vertreten sind, aus dem Wahlkreis Karlsruhe-Land zu einer Podiumsdiskussion ins Hallensportzentrum nach Bretten einzuladen. Lediglich Kandidat René Rotzinger von der AfD war am gestrigen Dienstag nicht eingeladen. Diese Tatsache hatte zu Diskussionen zwischen der Partei und den Veranstaltern geführt, die auch über Leserbriefe in der Brettener Woche geführt wurde. Die AfD spreche sich in ihrem Wahlprogramm für einen Austritt Deutschlands aus dem Pariser Klimaschutzabkommen aus, begründete Behrens zu Beginn der Veranstaltung. Dennoch zeigten Rotzinger und weitere Vertreter der AfD im Außenbereich des Hallensportzentrums Präsenz.

Brandschutzschneisen im Wald und Aufrüstung der Feuerwehr stünde bevor

Die Durchschnittstemperatur beim Klimawandel sei irrelevant, sagte Behrens. Vielmehr seien die erreichten Extremwerte das Problem. So könne man auch bei einem Spaziergang durch den Brettener Stadtwald nach drei trockenen Winterjahren viele abgestorbene Buchenkronen finden. Wenn dies so weitergehe, müsste man sich wie im Mittelmeerraum Gedanken über Brandschutzschneisen im Wald und eine Aufrüstung der Feuerwehr machen. Das wirkliche Problem bei der Klimaerwärmung seien jedoch die Kipppunkte, durch die ein Mechanismus in Gang gesetzt werde, der den Klimawandel automatisch beschleunigen würde.

Beitrag auf allen Ebenen leisten

Dies gelte es durch ein rechtzeitiges Entgegensteuern zu vermeiden. Für die flächendeckende Verdrängung der Verbrennungsmotoren durch Elektroantriebe bei Autos produziere man derzeit nicht genügend Ökostrom. Daher müsse ebenfalls in andere Formen der Mobilität wie den Öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) investiert werden, sagte Bundestagskandidat Jörg Rupp (Linke).

Von der lokalen, regionalen, bundesweiten, europäischen und globalen Ebene sprach Zippelius (CDU). "Auf allen Ebenen kann man einen Beitrag leisten." Ein Ziel der CDU sei die klimaneutrale Industrie und der damit verbundene Zertifikatehandel. Um eine größere Völkerwanderung aufgrund des Klimawandels zu verhindern, appellierte Patrick Diebold (SPD) dafür, die Pariser Klimaziele einzuhalten. Dazu gehörten die Reduktion von Treibhausgasen samt Mobilitätswende und höhere CO2-Preise, die Reduktion des Ressourcenverbrauchs und eine Förderung der Kreislaufwirtschaft sowie einen Klimafonds für unterentwickelte Länder, denen so unter die Arme gegriffen werden soll.

Synthetische Kraftstoffe und Wasserstoff als Speichermedium

Hans-Günther Lohr (FDP) plädierte für eine CO2-Bepreisung und -Deckelung. Des Weiteren müsse der Strompreis bezahlbar gemacht werden, da durch hohe Einnahmen aus dem CO2-Zertifikatehandel die EEG-Umlage gestrichen werden könnte. Auch der Einsatz von synthetischen Kraftstoffen, Wasserstoff als Speichermedium und die Ausweitung von Photovoltaikanlagen müsse in den Fokus genommen werden. Der Kandidat der Grünen, Sebastian Grässer, zeigte sich überzeugt, dass es bereits heute alle Technologien gebe, um klimaneutral zu leben. Daher solle man nicht fantasieren und auf "Luftschlösser" zukünftiger Techniken setzen, sondern sofort mit einer Umsetzung von Maßnahmen wie dem Ausbau der regenerativen Energien, der Förderung der E-Mobilität, dem Ausbau des ÖPNV und Breitband beginnen und eine Vermögenssteuer erheben. Ein Fokus müsse auch auf die Agrarpolitik gelegt werden.

Verhalten der Unternehmen mit CO2-Preis ändern

In der offenen Diskussionsrunde fragte Behrens nach den Herangehensweisen von Kandidaten und Parteien an den Emissionshandel. Der Weltklimarat habe klargemacht, dass zwei der drei Quellen (Erneuerbare Energien, Atomkraft und das Speichern von CO2) genutzt werden müssten, sagte Zippelius. Mit dem CO2-Preis könne man das Verhalten der Unternehmen ändern. Eine CO2-Steuer verhindere, dass Produkte aus dem Ausland billiger angeboten werden könnten, als Produkte, die in Deutschland hergestellt würden. So könne auch eine Abwanderung von Betrieben verhindert werden. Dazu müsse es einen globalen oder europaweiten Zertifikatehandel geben, sagte Lohr. Alternativ könne man auch alles von heute auf morgen abschalten und erreiche damit lediglich eine Reduktion von 1,6 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes. "Aber wir wollen mehr."

Klimaneutralitätstechnologien aus Deutschland in die Welt exportieren 

Ein Energiegeld, das pro Kopf ausgezahlt werden soll, schlug Grässer als "eine von vielen Optionen" vor. In Deutschland müsse zuerst gezeigt werden, dass Klimaneutralität erreicht werden kann, dann könne man die Lösungen weltweit anbieten. Um die von Behrens angesprochene Verfügbarkeit der erneuerbaren Energien zu verwirklichen, setzt Zippelius auf den maximalen Ausbau der Infrastruktur. Der Zertifikatehandel sei wie der "Ablasshandel" beim Fliegen, sagte Rupp. Man müsse Windkraftanlagen bauen und mittels innovativer Ideen eine Wärmewende mit lokal erzeugter Energie angehen. Der Idee, CO2 im Boden zu speichern, steht er jedoch kritisch gegenüber. Die Speicherung von CO2 durch die Holzbaustrategie sei ein Puzzlestück, so Grässer. Fragen aus dem Publikum regten weitere Diskussionen über die Preisstruktur des ÖPNV, Windkraft oder konkrete Maßnahmen des Landkreises zur Erreichung der Klimaziele an. Klimaschutz sei kein Thema, das weiter vor sich hinplätschern könne, so Behrens abschließend. "Wir müssen jetzt wirklich vorwärts. Wenn wir den Klimaschutz nicht in den Griff kriegen, brauchen wir uns keine Gedanken um den Naturschutz zu machen."

Autor:

Beatrix Drescher aus Bretten

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